DIE LINKE. kritisiert geplanten EU-Bevölkerungsscanner

MdB Andrej Hunko
Presseerklärung MdB Andrej Hunko

"Die Europäische Union arbeitet an der Zusammenlegung ihrer polizeilichen Datentöpfe. Das Schengener Informationssystem (SIS II) spielt dabei eine Hauptrolle. Mich besorgt das Tempo, in dem diese virtuellen Schengen-Grenzen ausgebaut werden. Der geplante gemeinsame ,Identitätsspeicher' mit Fingerabdrücken beträfe Hunderte Millionen Personen aus Drittstaaten und später vermutlich auch der EU-Mitgliedstaaten", kritisiert der europapolitische Sprecher der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag.

Unter dem Stichwort "Interoperabilität" will die EU-Kommission einen "gemeinsamen Speicher für Identitätsdaten" sowie einen "gemeinsamen Dienst für den Abgleich biometrischer Daten" einrichten. Hierzu würde das SIS II mit anderen Datenbanken verschmelzen. Bis Oktober sollen drei neue Verordnungen zum Schengener Informationssystem beschlossen werden. Dann wären alle Schengen-Staaten zur Möglichkeit von Fingerabdruckrecherchen im SIS II verpflichtet. Unbekannte Personen können mit ihren biometrischen Daten zur Identifizierung ausgeschrieben werden. Geplant ist außerdem die Einführung einer Ausschreibungskategorie "Ermittlungsanfrage". Bislang ungenutzte "Metadaten" aus dem SIS II sollen zur weiteren Ausforschung von Reisebewegungen genutzt werden.

Andrej Hunko weiter:

"An zweiter Stelle der Ausschreibungen von Personen stehen verdeckte und gezielte Kontrollen nach Artikel 36 des SIS-ll-Ratsbeschlusses. Laut dem Bundesinnenministerium hat sich diese Zahl allein in diesem Halbjahr auf rund 145.000 erhöht. Diese rasante Steigerung kritisieren wir seit Jahren.

Die heimliche Verfolgung nimmt sowohl für die Polizei (Absatz 2) als auch Geheimdienste (Absatz 3) weiter zu. Hierfür hat das Bundesinnenministerium bisher keine Begründung genannt. Auch die Aufschlüsselung nach Kontrollen mit und ohne Durchsuchung der Betroffenen fehlt. Dies muss aber bekannt sein, bevor der weitere Ausbau des SIS II beschlossen wird.

Problematisch ist der vorgesehene Direktzugriff Europols auf die Fahndungsdaten im SIS II. Die Polizeiagentur entwickelt sich zusehends zu einer Super-Behörde mit weitreichenden Kompetenzen und thematischen Zentren. Den EU-Verträgen zufolge darf Europol aber nur koordinieren und keine Fähigkeiten aufbauen, die in den Mitgliedstaaten vorhanden sind.

Ich kritisiere auch den Ausbau der biometrischen Funktionen, denn diese richten sich zuallererst gegen Geflüchtete. Das SIS II ist vor allem eine Abschiebe Datenbank: Über die Hälfte der Personenausschreibungen erfolgten nach Artikel 24 des SIS-ll-Ratsbeschlusses, wonach der Aufenthalt oder die Einreise in die EU verwehrt wird.

Überwachungsmaßnahmen, egal ob gegen ,ausländische Kämpfer' oder abgelehnte Asylsuchende eingeführt, können je nach politischer Wetterlage auch gegen andere unliebsame Personengruppen eingesetzt werden".

Download der Antwort auf die Kleine Anfrage "Fahndungen mithilfe des Schengener Informationssystems": https://www.andrej-hunko.de/start/download/dokumente/1199-fahndungen-mithilfe-des-schengener-informationssystems