‚Tausend kleine Schritte nach vorne‘ reichen nicht – Kommentar zur UN-Klimakonferenz in Kattowitz

MdB Hubertus Zdebel

Der NRW-Bundestagsabgeordnete Hubertus Zdebel (DIE LINKE) zeigt sich enttäuscht von den Ergebnissen der UN-Klimakonferenz in Kattowitz, die am Samstagabend zu Ende ging. Der Umweltpolitiker der Linksfraktion vermisst ein klares Aufbruchsignal für den Klimaschutz:

„Die Beschlüsse von Kattowitz seien ‚tausend kleine Schritte nach vorne‘, meint der polnische Konferenzpräsident Michal Kurtyka. Um die verheerenden Folgen des Klimawandels zu minimieren und das ambitionierte 1,5-Grad-Ziel von Paris zu erreichen, braucht es jedoch einiges mehr als das. Weder waren ein Aufbruchsignal noch konkrete Zusagen insbesondere der Industrieländer auf der Klimakonferenz zu vernehmen. Die vom Klimawandel besonders betroffenen Inselstaaten wurden mit seichten Kompromissen abgespeist.

Ja, man kann sich darüber freuen, dass es angesichts der Blockadehaltung einiger Staaten, allen voran der USA, nicht noch schlimmer kam. Nicht diese Regierungen der Klimawandelleugner sollten jedoch den weltweiten Maßstab vorgeben, sondern wissenschaftliche Erkenntnisse über die Dringlichkeit der radikalen Reduzierung von CO2 Emissionen. Ja, es ist gelungen, erstmals ein Regelbuch zur Umsetzung des Pariser Abkommens zu vereinbaren, das konkrete Transparenzregeln und Standards zur globalen CO2-Erfassung enthält. Doch konkrete Maßnahmen zur radikalen Senkung der Emissionen – Ausstieg aus Kohle und Gas, Vorantreiben der Verkehrs- und Agrarwende – wurden gar nicht erst angesprochen. Nur im Wissen um diese Aussparungen konnte sich Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) im Auftrag der Bundesregierung überhaupt als große Mahnerin und Vermittlerin inszenieren. Denn nach wie vor ist es peinlich, dass Schulze selbst auch nichts anzubieten hatte und ohne Ergebnisse der Kohlekommission nach Kattowitz reiste.

Das alljährliche Stelldichein der internationalen Klimadiplomatie bedarf einer grundsätzlichen Neuausrichtung. In ihrer derzeitigen Form dienen die Klimakonferenzen vor allem der wechselseitigen Bestätigung der Staaten darin, dass Klimaschutz und Kapitalismus miteinander vereinbar seien. Sie propagieren die Illusion eines sogenannten ‚grünen Kapitalismus‘. Der Klimaschutz sei demnach eine vorrangig technische Angelegenheit zur Ersetzung fossiler durch erneuerbare Energien. Bemerkenswert war in diesem Zusammenhang das aggressiv kampagnenartige Auftreten der Atomlobby, die die Atomkraft als vermeintlich saubere Art der Energiegewinnung und folglich als Lösung der Klimakrise, in Stellung zu bringen versuchte.

Die kapitalistischen Eigentumsverhältnisse müssen grundsätzlich in Frage gestellt werden. Die soziale Komponente darf sich nicht einzig darauf beschränken, dass Industriestaaten ein paar Milliarden Dollar Ablasshandel für die ärmeren Staaten zusagen. Anstatt gegen die heimische Kohle-, Öl- und Gas- und Atomlobby anzugehen, werden lieber ein paar Ausgleichsbäumchen im Globalen Süden gepflanzt, wofür die Staaten dann auch noch dankbar sein sollen.

Solange die ‚Staatengemeinschaft‘ die Augen vor dem Zusammenhang von Klimawandel und kapitalistischer Produktionsweise verschließt, wird man sich auch in Zukunft mit ‚tausend kleinen Schritten‘ begnügen müssen. Diese sind allenfalls Tropfen auf den heißen Stein, bedeuten jedoch keinen realen Fortschritt.

Positiv bewerte ich die Zunahme von Protestaktionen vor Ort und international gegen diese Politik. Der Kampf gegen den Klimawandel wird nicht am Verhandlungstisch stattfinden, sondern von Gruppen und Organisationen überall auf der Welt geführt und ist das einzige Mittel, das derzeit und in der gebotenen Dringlichkeit maßgeblich zu echten Veränderungen führen kann. „