Mieten und Wohnen: Was tun in der Corona-Krise?

Niena Eumann, Amin Rabieh

1. Die Eigentumsfrage wieder auf die Tagesordnung setzen.

Steigende Wohnkosten und der Mangel an bezahlbaren Wohnraum waren bereits vor der Corona-Pandemie in vielen Städten in Nordrhein-Westfalen zu einem Armutsrisiko für im- mer mehr Menschen geworden.

Aufgrund der Maßnahmen zur Eindämmung der Ausbreitung des Corona-Virus ist bei vie- len Haushalten das Einkommen teilweise oder ganz weggefallen. Das bringt viele Mie- ter*innen in NRW in existenzielle Schwierigkeiten.

Für uns ist klar: Wer Menschen auffordert, zu Hause zu bleiben, muss dafür sorgen, dass sie auch ein Zuhause haben.

Maßnahmen der Bundesregierung: Mietschulden, die wegen Corona zwischen dem 1. April und dem 30. Juni entstehen, berechtigen nicht zur Kündigung, weder fristlos noch fristgemäß. Diesen Zeitraum kann die Regierung eventuell verlängern, wenn die Pandemie länger dauert. Tut sie es nicht, kann wegen Mietschulden, die ab dem 1. Juli entstehen, wieder gekündigt werden. Die Miete ist bis zum 30. Juni 2022nachzuzahlen. Wenn bis dahin die Schulden nicht beglichen sind, kann doch wieder gekündigt werden, auch wenn die Mietschulden zwischen April und Juni 2020 entstanden und coronabedingt sind.

Die Maßnahmen auf Bundes- und Landesebene reichen nicht aus, um die Mieter*innen hinreichend zu schützen. Dass die Landesbauministerin Ina Scharrenbach ausgerechnet in der Hochphase der Corona-Pandemie Regeln zum Schutz vor Mieterhöhungen und überteuerten Mieten aufweichen möchte, unterstreicht das fehlende Problembewusstsein. Dabei ist es mehr denn je erforderlich, mit der auf die Erzielung von privater Rendite ausgerichteten Wohnungspolitik zu brechen. Wir brauchen eine Offensive für eine Wiederbelebung einer gemeinwohlorientierten Wohnungswirtschaft in öffentlicher Hand.

Gerade in der aktuellen Corona-Krise wird deutlich, wie untauglich ein privatwirtschaftlich organisierter Wohnungsmarkt ist. Nicht der „freie Markt“ sondern nur ein solidarisches Ge- meinwesen kann diese Krise lösen. Aus der Corona-Krise lernen bedeutet für uns daher die Eigentumsfrage wieder auf die Tagesordnung zu setzen. Gehen wir es gemeinsam an. Große private Wohnungsbaugesellschaften wie VONOVIA, Deutsche Wohnen, TAG Im- mobilien, Vivawest und die ehemals landeseigene und 2008 privatisierte LEG besitzen in NRW zusammen ca. 400.000 Wohnungen. Sie setzen auf Profit, nicht auf Bedarfsdeckung. In der Folge steigen vielerorts die Mieten beständig an. Es herrscht Mangel an bezahlbaren Wohnungen. Viele Menschen konnten sich die steigenden Wohnkosten für Miete, Neben- kosten, Wasser, Strom und Heizung bereits vor der Krise schon nicht mehr leisten. All die- se Probleme werden sich in den kommenden Monaten massiv verschärfen.

Wir brauchen eine sofortige Kehrtwende in der kommunalen Wohnungsbaupolitik. Der Ausverkauf und die Privatisierung des kommunalen Wohnungsbestands muss unverzüglich gestoppt werden.

2. Sofortprogramm zum Schutz der Mieter*innen

In der Corona-Krise sind bereits viele Menschen in materieller Not geraten und wir stehen erst am Anfang einer Wirtschaftskrise, die vor allem Menschen im mittleren und unteren Einkommensbereich schwer treffen wird. Hier muss sofort gehandelt werden, um die

schlimmsten Folgen abzuwenden. Daher fordern wir ein Sofortprogramm zum Schutz der Mieter*innen:

 
  •   Keine staatliche Unterstützung von Wohnungskonzernen

  •   Sofortiges Mieterhöhungsmoratorium für NRW - keine Mieterhöhungen während der

    Corona-Krise!

  •   Mietschulden müssen erlassen, anstehende Mieterhöhungen gestrichen und die Mieten

    gesenkt werden, wenn Mieterinnen und Mieter wegen Einkommensausfällen oder Job-

    verlust darauf angewiesen sind.

  •   Zwangsräumungen, Strom- und Wassersperren sind ausnahmelos auszusetzen.

  •   Kündigungen betroffener Mieter*innen und Gewerbetreibender sind vorübergehend zu verbieten.

  •   die Landesregierung muss bei Wohnungsunternehmen und Vermieterverbänden den Erlass von Mietschulden, Rücknahmen von bereits erfolgten Mieterhöhungen und Miet- senkungen für besonders betroffene Mieterinnen und Mieter durchsetzen.

  •   ein Moratorium für Hypothekenzahlungen für selbst nutzende Wohneigentümer*innen in Zahlungsschwierigkeiten.

  •   Sammelunterkünfte sind aufzulösen und Wohnungslose und Geflüchtete stattdessen in angemessenem Wohnraum unterzubringen.

  •   Ermöglichung für Kommunen, Leerstand und Ferienwohnungen für die Unterbringung von Wohnungslosen und Geflüchteten zu beschlagnahmen.

  •   ein Solidarfonds für Kleingewerbetreibende, Kultur- und soziale Einrichtungen sowie für gemeinwohlorientierte Wohnungsanbieter.

  •   durch die Verlängerung von Belegungsbindungen ist der weitere Rückgang von Sozial- wohnungen unmittelbar zu stoppen.