Rede des Parteivorsitzenden der LINKEN Bernd Riexinger

Landesparteitag von DIE LINKE. NRW am 1. Dezember 2019 in Bielefeld

Liebe Genossinnen und Genossen!

Gestern demonstrierten in Braunschweig 20.000 Menschen gegen den Bundesparteitag der AfD. Völlig klar: DIE LINKE. Niedersachsen und darüber hinaus war dabei und hat kräftig mobilisiert. Das ist genau die richtige Antwort auf eine Partei, die sich beständig nach rechts radikalisiert. Die in ihren führenden Reihen Politiker duldet, die sich eines faschistischen Vokabulars bemächtigen. Die permanent gegen Flüchtlinge und Muslime hetzt und der Verrohung eines Teils der Gesellschaft den Boden bereitet. Das erfordert Protest. Das erfordert klare Haltung gegen rechts. Da heißt es: Dagegen halten, auch wenn es nicht immer bequem ist. Dafür braucht es eine starke LINKE, denn bei den anderen Parteien scheint das nicht immer so klar zu sein!

Es ist doch eine bodenlose Unverschämtheit, dass das Finanzamt Berlin der VVN – der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – die Gemeinnützigkeit aberkannt hat. Ausgerechnet der Organisation, die seit Jahrzehnten mit viel ehrenamtlichem Engagement antifaschistische Arbeit macht. Die die heutige Generation mahnt, den Anfängen zu wehren, indem sie an den faschistischen Terror erinnert. Die immer noch wichtige Zeitzeuginnen und Zeitzeugen in ihren Reihen hat. Wohin sind wir gekommen, dass eine solche Organisation in ihrer Existenz gefährdet wird, während die ganzen Lobbyorganisationen der Industrie und Wirtschaftsverbände weiter gemeinnützig bleiben. Wo bleibt der Aufschrei der anderen Parteien?! Wo bleibt die Kritik, dass die Entscheidung wieder einmal auf den Verfassungsschutz gestützt wird, jener Untergrundorganisation, die über ihre V-Männer sogar neonazistische Gruppen unterstützt hat?! Dieser Beschluss muss sofort zurückgenommen werden! Finanzminister Olaf Scholz könnte ausnahmsweise auch mal etwas Sinnvolles tun und die Grundlagen der Gemeinnützigkeit so ändern, dass sie nicht ausgerechnet der VVN, attac oder Greenpeace entzogen wird. Das wäre doch das Mindeste, was man von einem Sozialdemokraten erwarten könnte.

Liebe Genossinnen und Genossen!

Seit gestern ist auch klarer, welches Paar den SPD Vorsitz stellen wird. Norbert Walter-Borjans und Saskia Esken haben knapp gewonnen. Mit Saskia Esken habe ich sogar eine gemeinsame Vergangenheit in einem linken Jugendzentrum in Weil der Stadt. Ich habe sogar etwas Einfluß auf ihre politische Grundlagenbildung genommen. Es hat aber leider nur bis zur SPD gereicht. Immerhin zum linken Flügel. Ich begrüße, dass eine Mehrheit der SPD-Mitglieder, die abgestimmt haben, einem Weiter-so eine Absage erteilten, bin aber nicht so euphorisch, ob der prognostizierten Linkswende. Verschiedene Führungen haben in der Vergangenheit schon viel versprochen und wenig gehalten. Wir werden sehen, was der Parteitag entscheidet. Ich begrüße es aber, wenn die SPD nach links rückt und wenigstens wieder sozialdemokratisch wird. Das würde uns auf keinen Fall schaden. Links von der SPD bleibt genügend Platz für eine lebendige und sozialistische Linke. Wir können und wollen nicht den Platz der SPD einnehmen. Wir wollen auch nicht mit der SPD zu einer wirklichen sozialdemokratischen Partei fusionieren, wie es vor kurzem ein ehemaliger SPD- und LINKEN-Vorsitzender vorgeschlagen hat. Unsere Aufgabe ist es, unser Profil als demokratisch-sozialistische Partei, als antimilitaristische, ökologische und emanzipatorische Partei zu schärfen. Wir kämpfen für jede konkrete Verbesserung, aber wir kämpfen auch für eine grundlegend andere Gesellschaft. Oder wie es Karl Marx formulierte: Alle Verhältnisse umzuwerfen, in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, eine verlassenes, ein verächtliches Wesen ist.

Liebe Genossinnen und Genossen!

Wir werden gebraucht. Diese Woche wurde mit der Mehrheit der Groko ein Haushalt verabschiedet, bei dem die Militärausgaben auf über 50 Milliarden Euro in die Höhe getrieben wurden. Es ist absolut irre, dass der Militärhaushalt stärker steigt, als alle Ausgaben im Haushalt für Klima- und Umweltschutz zusammen. Jeder siebte Euro im Haushalt geht in die Rüstung. Und wenn es nach Merkel und AKK geht, sind wir noch lange nicht am Ende der Spirale. Das 2-Prozent-Ziel der Nato soll verwirklicht werden. Damit wären wir bei rund 86 Milliarden Euro und würden mehr für Militär und Rüstung ausgeben als die Atommacht Russland. Wir haben eine irrlichternde Verteidigungsministerin, die die Auslandseinsätze der Bundeswehr deutlich erweitern will. Wahnsinnige Großmachtsphantasien sind das. Öffentliche Gelöbnisse sollen das Militärische zur Schau stellen. Diplomatie und Friedenspolitik kommen in ihrem Wortschatz kaum vor. In dieser Zeit braucht es eine starke friedenspolitische Kraft, eine linke Partei, die klar für Frieden und Abrüstung steht; Auslandseinsätze der Bundeswehr wie auch Waffenexporte kategorisch ablehnt und den Herrschenden mit ihren Aufrüstungsplänen in den Arm fällt. Ich bin stolz darauf, dass wir erst kürzlich aktiv mit unseren kurdischen Freundinnen und Freunden gegen den völkerrechtswidrigen Krieg des Despoten Erdogan tausendfach auf der Straße waren.

Liebe Genossinnen und Genossen!

Auch ohne die Wahlniederlagen bei den Europawahlen und den Landtagswahlen in Brandenburg und Sachsen hätten wir eine Strategiedebatte in der Partei auf den Weg bringen müssen. Die gesellschaftliche Entwicklung hat neue Fragen in den Vordergrund gespült, denen sich alle Parteien stellen müssen. Die Erosion der sogenannten Volksparteien, Klimaschutz, Digitalisierung, Umbau der Wirtschaft, beginnende Rezession sind nur einige Stichworte dafür. Ich bin froh, dass wir diese Debatte nicht im Krisenmodus führen müssen. Im Gegenteil: Wir verspüren im Nachgang zur Thüringenwahl Rückenwind. Wir lagen in der letzten Woche bei fünf Umfrageinstituten bei 10 Prozent. Das hat es seit drei Jahren nicht mehr gegeben. Rückenwind bekamen wir auch durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zu den Sanktionen bei Hartz IV. Der Entscheid des Gerichtes, die bisherige Sanktionspraxis zumindest teilweise als grundgesetzwidrig zurückzuweisen, ist nicht vom Himmel gefallen. Entschlossene Juristen haben kräftig Beistand geleistet. Es ist kein voller Erfolg, aber ein wichtige Teilsieg. Wir werden keine Ruhe geben, bis die unwürdigen und unsozialen Sanktionen völlig verschwinden. Wir werden keine Ruhe geben, bis das Hartz-IV-System der Geschichte angehört und durch eine armutsfeste und sanktionsfreie Mindestsicherung ersetzt wird.

Rückenwind haben wir auch durch die Auseinandersetzung um den Mietendeckel in Berlin. Unsere Genossinnen und Genossen dort haben viel dazu getan, dass wir eine führende Rolle bei der politischen Interessenvertretung der Mieterinnen und Mieter spielen. Ich komme ja aus Berlin angereist. Da tobt die Auseinandersetzung um den Mietendeckel. Auf der einen Seite die Lobby der Immobilienkonzerne: Sie stecken Millionen in eine Kampagne gegen den Mietendeckel. Auf der anderen Seite die Bewegung der Mieterinnen und Mieter, die vielen kleinen Initiativen in den Nachbarschaften, die Kampagne für eine Enteignung von Immobilienkonzernen wie "Deutsche Wohnen" und nicht zuletzt wir, DIE LINKE. Wir sind Teil der Bewegung für bezahlbare Mieten, in den Stadtteilen, auf der Straße, im Parlament und in der Regierung!

Da wird mit harten Bandagen gekämpft, gedroht und erpresst. Die Deutsche Wohnen kündigte an, nicht mehr in Berlin bauen zu wollen. Tatsache ist: Dieser Immobilienkonzern hat in den letzten zehn Jahren keine 100 Wohnungen gebaut. Das Geschäftsmodell von Deutsche Wohnen ist: kaufen, Mieter auspressen, Aktionäre bedienen und dann verbrannte Erde hinterlassen. Solche Konzerne gehören enteignet und in öffentliches Eigentum überführt!

Unsere Position ist klar: Wir brauchen verbindliche Obergrenzen für die Miete und so auch für die Profite und einen klaren Stopp für Mieterhöhungen. Senkung der Mieten für die Mieterinnen und Mieter, denen das Wasser bis zum Hals steht. Es geht um eine Grundsatzfrage, eine gesellschaftliche Schlüsselauseinandersetzung: Wem gehört die Stadt: Den Menschen, die darin wohnen, oder den Konzernen? Ist das Eigentum dem Gemeinwohl verpflichtet oder dient es nur der Bereicherung weniger? Das Grundgesetz gibt hier eine klare Antwort. Und wir als DIE LINKE sind die Partei, die auch hier für den sozialen Gehalt der Demokratie kämpft. Das Recht auf Wohnen ist ein Menschenrecht. Um es zu verwirklichen, wollen wir Wohnen dem Profit entziehen! Bezahlbare Miete statt fette Rendite. Wir brauchen einen Dreiklang für bezahlbare Wohnen: Erstens einen bundesweiten Mietendeckel. Zweitens 250.000 bezahlbare Wohnungen mehr, in öffentlicher und genossenschaftlicher Hand. Drittens kämpfen wir dafür, Immobilienkonzerne am Gemeinwohl auszurichten.
Also: Erst richtig deckeln, dann enteignen! Dieser Dreiklang ist der Kern unserer bundesweiten Kampagne, die gerade in die zweite Phase geht. Damit liegen wir richtig und sind gut aufgestellt.

An die Adresse der neuen Bundesführung der SPD sage ich hier ganz deutlich: Wenn es euch mit der sozialen Erneuerung ernst ist, dann müsst ihr in dieser Frage klare Kante zeigen! Für den Mietendeckel mit klaren Obergrenzen und Mietsenkungen. Das wäre das richtige Signal für Berlin, für Düsseldorf und bundesweit! Wir als DIE LINKE werden solange kämpfen, bis es endlich einen wirksamen bundesweiten Mietendeckel gibt!

Liebe Genossinnen und Genossen!

Nur DIE LINKE steht konsequent an der Seite der Mieterinnen und Mieter, der Pflegekräfte, die für mehr Personal kämpfen. Wir stehen auch an der Seite der Gebäudereiniger, die jeden Tag den Rücken krumm machen und doch mit dem Lohn kaum über die Runden kommen! So wie ihnen geht es Millionen Menschen in Deutschland. 40 Prozent der Beschäftigten haben nicht vom Aufschwung der letzten Jahre profitiert. Wir kämpfen für einen Mindestlohn von 13 Euro und für flächendeckende Tarifverträge. Denn es geht um das Mindeste: Löhne, die für ein gutes Leben reichen! Deshalb haben wir in den letzten Monaten eine Initiative gestartet für höhere Löhne, gute Arbeitsbedingungen und flächendeckende Tarifverträge, im Verkauf, in der Logistik, bei den Paketzulieferern. Wir sind die einzige Partei, die die Interessen der Lohnabhängigen in den Mittelpunkt stellt. Der Spaltung und Ausgrenzung, die geradezu fester Bestandteil der heutigen Formation des Kapitalismus ist, stellen wir die gemeinsamen Interessen der Lohnabhängigen gegenüber. Verbindende Klassenpolitik statt unnötiger Milieudebatte: Das ist die Devise.

Liebe Genossinnen und Genossen!

Aber wir stehen vor einigen Herausforderungen, auf die wir neue Antworten geben müssen: die Klimakrise, der Kampf gegen rechts, die drohende Wirtschaftskrise, die Digitalisierung. Umbrüche in einem globalen Kapitalismus, die die Gesellschaften buchstäblich zerreißen. Wir erleben, dass die Gesellschaft lange nicht so politisiert war - und dabei zugleich so gespalten ist. Die Ungleichheit in Deutschland hat einen neuen Rekord erreicht hat. Dieses Land war noch nie so reich - und gleichzeitig so ungerecht! Auf diese Herausforderungen müssen wir Antworten geben. Wir müssen unser Profil weiterentwickeln und schärfen. Und wir haben längst damit begonnen, Arbeit, Klimaschutz und den Ausbau des Öffentlichen, den sozial-ökologischen Umbau und die Stärkung der Demokratie zusammen zu denken.

Liebe Genossinnen und Genossen!

In den letzten Monaten haben wir etwas Historisches erlebt. Eine neue gesellschaftliche Bewegung, die Millionen Menschen Hoffnung macht, dass wir die drohende Klimakatastrophe noch verhindern können. Es ist ein historisches Ereignis, das vor wenigen Wochen weit über eine Million Menschen in Deutschland und viele Millionen weltweit beim Klimastreik auf der Straße waren. Auch diesen Freitag streikten Hunderttausende, vor allem auch Studentinnen und Studenten. Viele wissen, dass die GroKo erneut vor den Konzerninteressen eingeknickt ist. "Die Konzerne regeln das mit dem Klima schon, wenn wir sie in Ruhe machen lassen" – das scheint die Devise der vermeintlichen Klimakanzlerin zu sein.

Nicht nur, dass der Emissionshandel ein gescheitertes Konzept ist. Er wird das Klima nicht retten, sondern schafft nur einen neuen Markt für die Unternehmen. Nicht nur, dass die Hauptverursacher, die großen Konzerne, aus der Verantwortung entlassen werden. Das Klimapaket führt nicht dazu, dass der Autoverkehr reduziert wird oder die Industrie an ökologischen Innovationen ausgerichtet wird. Die Regierung hat nicht den Mut, sich mit den Energiekonzernen und der Auto-Industrie anzulegen. 

Liebe Genossinnen und Genossen!

Wir lassen nicht zu, dass die soziale Frage gegen die ökologische Frage ausgespielt wird! Eine Mehrheit der Bevölkerung will mehr soziale Gerechtigkeit und konsequenten Klimaschutz. Es ist unsere Aufgabe, soziale Gerechtigkeit und Klimagerechtigkeit zusammen zu bringen! Das ist unsere Chance. Wir fangen da nicht bei null an. Wir haben gute Konzepte. Eine sozial gerechte Mobilitätswende zum Beispiel. Bus und Bahn ausbauen. Kostenfreier Nahverkehr in fünf Jahren. Wir wollen klimagerechte und lebenswerte Städte für alle!

Und: lasst uns keine Pappkameraden aufbauen. Ich will nicht der Familie, die auf dem Land wohnt, dem Leiharbeiter oder den Millionen Pendlern das Auto wegnehmen. Wir stehen für bezahlbare Mobilität für alle. Und für einen gesellschaftlichen Umbau, der das Klima rettet und uns vom Auto unabhängiger macht!

Liebe Genossinnen und Genossen!

Das deutsche Exportmodell erweist sich immer mehr als Sackgasse. Die Industrie und die gesamte Wirtschaft stehen mit Klimakrise, Digitalisierung und globaler Konkurrenz vor großen Umbrüchen. Viele Beschäftigte fragen sich zurecht, ob es ihren Arbeitsplatz und ihren Beruf in fünf, in zehn Jahren noch geben wird. Aber die Bundesregierung weigert sich hartnäckig, schnell und entschlossen mit Investitionen gegenzusteuern. Es wird weiter regiert - als gäbe es überall genug bezahlbare Wohnungen. Als würde Bahn 1A funktionieren. Als gäbe es keine Probleme mit niedrigen Löhnen und keine Krise der Auto-Industrie. Allein durch die Umstellung auf Elektromobilität sind in der Automobilindustrie laut Schätzungen rund 100.000 Arbeitsplätze bedroht. Jeden Tag ereilt uns eine neue Hiobsbotschaft, über Arbeitsplatzvernichtung und Standortschließungen. Die Auseinandersetzung mit den Rechten können wir gewinnen, wenn wir eine realistische und glaubwürdige System-Alternative in die gesellschaftliche Diskussion bringen!

Ein linkes Zukunftsprojekt wird zu einer Schicksalsfrage, für die Gesellschaft und für uns. Es ist unsere Aufgabe, soziale Gerechtigkeit und Klimagerechtigkeit mit einem Umbau der Wirtschaft zusammenzubringen. So werden wir auch unser Profil schärfen und DIE LINKE stärken! In den USA hat Bernie Sanders einen Green New Deal vorgeschlagen – mit massiven Investitionen in erneuerbare Energien und einer staatlichen Arbeitsplatzgarantie. Ähnlich ambitioniert ist der Green New Deal von Labour in Großbritannien. Diese Vorschläge sind in Deutschland bei der LINKEN zuhause, nicht bei den Grünen.

Ein linker Green New Deal eignet sich als verbindendes Projekt. Zwischen Gewerkschaften und Klimabewegung, zwischen Stadt und Land. Der Kern unseres Zukunftsprojekts lässt sich gut auf den Punkt bringen: Kein Beschäftigter soll sich zwischen seinem Job und einer Zukunft für seine Kinder entscheiden müssen! Das würden viele Menschen sicher unterschreiben, verwirklichen lässt es sich nur mit linker Politik! Nur mit einem sozialen und ökologischen Systemwandel können wir den notwendigen Umbau zu einer klimaneutralen Wirtschaft schaffen. Durch Investitionen, die das Leben der Menschen verbessern und den Weg zu einer CO2-freien Wirtschaft einschlagen. Das geht und ist ohne weiteres finanzierbar, wenn wir klimaschädliche Subventionen abbauen und die Multi-Millionäre endlich gerecht besteuern!

Es geht um sinnvolle Arbeit für alle und um Löhne, die für ein gutes Leben reichen. Wir wollen gute und gut bezahlte Arbeit in der Industrie sichern: durch Investitionen in den ökologischen Umbau und Arbeitszeitverkürzung! Arbeitszeitverkürzung ist überhaupt eine der wichtigsten Forderungen für die Zukunft. Die Arbeit mit den Menschen – in der Pflege, im Krankenhaus, in den Altersheimen, in den Kitas, in der sozialen Arbeit - muss endlich aufgewertet werden: gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit!

Wir wollen einen Gesellschaftsvertrag, der verschiedene linke Schwerpunkte in ein gesellschaftliches Projekt einordnet: Kampf um höhere Löhne, gute und sinnvolle Arbeit und mehr Zeit zum Leben; soziale Absicherung und öffentliche Infrastruktur für alle, Energie und Mobilitätswende; sozialökologischer Umbau der Wirtschaft.

Natürlich ist mir bewusst,  dass es nicht einfach einen Deal gibt, der in Verhandlungen der unterschiedlichen Akteure abgeschlossen wird. Es wird erbitterten Widerstand der Profiteure der Ausbeutung von Mensch und Natur geben. Widerstand wird es geben von den 100 Konzernen, die für 70 Prozent de CO²-Emissionen verantwortlich sind, von den ganzen Lobbyorganisationen der Wirtschaft und vielen anderen, die wir gut kennen. Wir wissen, dass wir mit ihnen den Kampf aufnehmen müssen, um Veränderungen durchzusetzen. Wir sind ja nicht die Grünen, die als eine Art ökologischer Rundumwohlfühlpartei so tun, als wäre die Klimafrage keine Klassenfrage und der sozialökologische Umbau eine Art neues Exportmodell für Deutschland. Gerade deshalb dürfen wir den Begriff des Green New Deals nicht den Grünen überlassen, sondern müssen ihn wie in den USA und in England von links besetzen. Ich bin mir bewusst, über welche Größenordnung der notwendigen gesellschaftlichen Veränderung wir reden. Deshalb müssen wir radikal und realistisch zugleich sein. Aber liebe Genossinnen und Genossen: Wer immer nur auf den Boden schaut, niemals nach oben, der wird die Sterne immer nur in den Pfützen spiegeln sehen. Gerade DIE LINKE muss direkt nach den Sternen schauen und Hoffnungsträgerin einer besseren Zukunft sein.

Liebe Genossinnen und Genossen!

Das gilt im Großen wie im Kleinen. Im März sind Kommunalwahlen in Bayern und im September in NRW. Das sind wichtige Wahlen, denn es geht um unsere kommunale Verankerung. Wir haben gute Chancen, unsere Mandate zu erhöhen, auch in weiteren Kommunen einzuziehen. Wie immer geht es aber nicht nur um Mandate, sondern um konkrete Politik, um ein klares Profil. Überall kämpfen Linke vor Ort gegen Armut und Kinderarmut und deshalb für Sozialtickets, kostenloses und gesundes Essen in den Schulen und Kindertagestätten. Kein Kind soll hungrig in der Schule lernen müssen. Wir kämpfen für den Ausbau gebührenfreier Kindertagesstätten, für den gleichberechtigten Zugang zu Erziehung und Bildung. Wir nehmen die Auseinandersetzung mit den Immobilienspekulanten und ihren Lobbyisten auf und setzen uns für den Bau von Sozialwohnungen in öffentlicher Hand ein. Unsere Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker machen sich für den Ausbau des ÖPNV stark und für die Senkung der Ticketpreise bis zum Nulltarif. Linke Kommunalpolitik heißt, dass bei Bildung, Erziehung, Gesundheit, Pflege, ÖPNV und Wohnen Profit und Wettbewerb nichts verloren haben. Deshalb wehren wir uns gegen jede Privatisierung und kämpfen für die Rekommunalisierung bereits privatisierter Bereiche. Linke Politik vor Ort heißt, Solidarität mit den Beschäftigten in ihrem Kampf für bessere Löhne und gute Arbeitsbedingungen, gerade auch im sozialen und öffentlichen Bereich. Wer über all das redet, muss auch über die Finanzierung reden. Das Prinzip der öffentliche Armut bei gleichzeitigem privatem Reichtum einiger Weniger ist nicht unseres. Wir sagen: Der Millionär und der Milliardär müssen mehr Steuern bezahlen, damit die Altenpflegerin besser bezahlt werden kann.

Linke Kommunalpolitik findet nicht nur im Gemeinderat statt, sondern auch auf der Straße. Deshalb schließen wir Mieten-Bündnisse, Pflegebündnisse, unterstützen Bürgerinitiativen und Gewerkschaften. Linke Kommunalpolitik ist das Prisma linker Politik, die konsequent, unbestechlich, solidarisch, sozial gerecht, ökologisch und demokratisch die Interessen der Mehrheit der Menschen in den Mittelpunkt stellt. Wer linke Politik in diesem Sinne vor Ort macht, gegen alle Widrigkeiten im Alltag, kann stolz darauf sein. Und ich bin überzeugt, ihr werdet erfolgreich sein.

Liebe Genossinnen und Genossen!

Je mehr Mitglieder wir vor Ort haben, desto erfolgreicher schneiden wir auch bei Wahlen ab. Das sollten wir uns immer vor Augen führen, wenn nach Wahlen Ursachsenforschung betrieben wird. Lasst uns DIE LINKE als organisierende Mitgliederpartei stärken. Lasst uns soziale Probleme aufgreifen, zuspitzen, Druck machen, mehr werden und uns mit den Menschen organisieren. Lasst uns Alternativen zum Kapitalismus stark machen, im Großen wie im Kleinen, radikal und realistisch. Bei den Mietenprotesten wird doch inzwischen die Eigentumsfrage gestellt. Bei den Klimaprotesten wächst das Bewusstsein, dass Kapitalismus und Klimaschutz nicht vereinbar sind.

Es wird mehr und mehr Menschen deutlich, dass Markt, Wettbewerb und Profitmacherei in der Pflege, der Gesundheit, der Bildung nichts verloren hat. Hier können wir die Auseinandersetzungen um konkrete Verbesserungen mit grundlegenden Positionen der Gesellschaftsveränderung verbinden. So stärken wir DIE LINKE. So können wir mittelfristig eine Partei mit 100.000 Mitgliedern werden. So verändern wir die Gesellschaft mit den Menschen! Es ist keinesfalls selbstverständlich, dass es eine wahrnehmbare und gesellschaftlich relevante linke Partei gibt. Es lohnt sich, sie zu stärken.