Landesparteitag

Duisburg, 16.-17.11.2024

Samstag, 16.11.

1. Begrüßung 11.00 Uhr

2. Eröffnung des LPT 11.10 Uhr

3. Formalia 11.20 Uhr

  • Wahl Tagungspräsidium
  • Tagesordnung/Zeitplan
  • Geschäftsordnung
  • Wahl der Kommissionen

4. Frauen / Männerplenum 11:50 Uhr

  • Mittagspause 12:45 Uhr

5. Leitantrag 13:30 Uhr

  • Einbringung
  • Diskussion
  • Beschlussfassung

6. Rechenschaftsberichte 16:00 Uhr

  • Tätigkeitsbericht Landesvorstand
  • Finanzbericht

7. Neuwahl des Landesvorstandes 17.00 Uhr

  • Wahlordnung
  • Beschluss über die Stärke des Lavo
  • Wahl des geschäftsführenden Vorstandes
  • Ende des ersten Beratungstages gegen 20:00

Sonntag, 17.11.

  • Fortsetzung der Neuwahlen 09.30 Uhr

Wahl der quotierten und offen Liste8.

8. Anträge 14.30 Uhr

9. Abschluss des LPT 16.00 Uhr

Termine:

13.09. Einladung an die Delegierten

bis 05.10. Einreichung von Anträgen mit grundsätzlicher Bedeutung in der Landesgeschäftsstelle

bis 19.10. Einreichung von Anträgen in der Landesgeschäftsstelle

bis 11.11. Einreichung von Änderungsanträgen

bis 11.11. Einreichung von Bewerbungen

 

Michael Kretschmer

„Es geht um alles“:

Die Linke – sozialistische Menschenrechtspartei
in Zeiten des Rechtsrucks

Die politische Situation im Land nach den Europawahlen und den drei ostdeutschen Landtagswahlen gibt Anlass zur Sorge. Nicht nur das weitere Erstarken der im Kern faschistischen AfD, sondern auch die zunehmend radikale Politik gegen Migrant:innen und Geflüchtete sowie gegen Armutsbetroffene von weiten Teilen des nicht rechtsextremen Politikbetriebs macht für viele Betroffene diese Sorge zu realer Angst. Angst vor Diskriminierung und Ausgrenzung, vor immer schwierigeren Lebensumständen, Angst vor Gewalt, vor Abschiebung, Angst um die eigene Zukunft und die der Kinder.

Der Ampel-Koalition in Berlin vertrauen nur noch drei Prozent der Befragten, davon profitieren in den Umfragen im Moment aber nicht wir als soziale Opposition, sondern die antisoziale Union, die rechtsextreme AfD und das zunehmend rechtskonservativ auftretende BSW.

Die Linke leidet darunter, dass ihr selbst im Kernbereich ihrer Politik – soziale Gerechtigkeit – kaum noch eine Gestaltungsmacht zugetraut wird. Viele Wähler:innen wissen nicht einmal, dass Die Linke noch existiert.

Auch die großen Mobilisierungen gegen Rechts in der ersten Jahreshälfte haben nicht dazu geführt, die Kräfteverhältnisse nach links zu verschieben. Politiker:innen, die noch im Frühjahr auf Massenkundgebungen gegen die Deportationspläne der extremen Rechten starke Worte gefunden haben, beteiligen sich jetzt an dem Wettbewerb, wer das Land schneller und effektiver abschottet und wer schneller, rücksichtsloser und entschlossener Menschen entrechtet und abschiebt.

CDU-Politiker verbreiten Parolen, wie wir sie bisher nur von AfD-Funktionär:innen gehört haben, die SPD-Innenministerin Faeser versucht selbst einen Hardliner wie Herbert Reul rechts zu überholen. Und die Grünen kaufen die Apotheken leer, weil sie so viele Bauchschmerzen haben…

Sozial Benachteiligte in diesem Land sind neben Menschen mit Migrationsgeschichte der zweite Sündenbock. Sie werden als zu teuer, zu faul und zu dumm verächtlich gemacht, ihre Bedürfnisse werden vernachlässigt und als gegen die Interessen der „arbeitenden Mitte“ ausgespielt. Die Kürzungen in den Haushalten von Bund und Land gehen vor allem zu ihren Lasten. So kürzt die Bundesregierung die Mittel für Inklusion und Teilhabe am Arbeitsmarkt für Menschen mit Behinderungen um 40%, die Mittel für Arbeitsmarktintegration um 30% und erlegt den „Bürgergeld“-Beziehenden eine Nullrunde auf, was angesichts der Inflation eine reale Kürzung der Regelsätze bedeutet. Auch die NRW-Landesregierung kürzt die Mittel für Arbeitsmarktteilhabe und Inklusion. Diese Politik zu Lasten der Schwächsten ist menschenverachtend.

Die Linke ist derzeit die einzige Partei, die sich diesem Wettbewerb der Schäbigkeit entgegenstemmt und das ist gut so.

Nordrhein-Westfalen ist das Flächenbundesland mit der höchsten Armutsquote (lt. Paritätischer Armutsbericht 2024):

„Von den 16 Bundesländern konnten acht ihre Armut gegenüber dem Vorjahr etwas oder sogar sehr deutlich abbauen – darunter bezeichnenderweise diejenigen, die ohnehin bereits die geringste Armut aufweisen. Dagegen nahm in sieben Bundesländern die Armut zu, hierunter Länder mit ohnehin sehr hohen Armutsquoten wie Bremen, Nordrhein-Westfalen und Mecklenburg-Vorpommern.“

Auch innerhalb von Nordrhein-Westfalen haben sich die Lebensverhältnisse stark auseinanderentwickelt, am ärmsten sind hier die Raumordnungsregionen Emscher-Lippe und Duisburg/Essen, am wohlhabendsten Arnsberg und Münster. Wäre das Ruhrgebiet ein eigenes Bundesland, würde es bei der Armutsquote und beim SGB-II-Bezug das Armutsranking der Bundesländer anführen.

Die Entlastungspakete der Bundesregierung kamen im Wesentlichen Armutsbetroffenen und Geringverdienenden nicht zugute. Auf das versprochene Klimageld warten die Menschen immer noch. Die Kindergrundsicherung ist als Tiger gesprungen und als Bettvorleger gelandet. Und schwarz-grüne Landesregierung fährt gerade den sozialen Arbeitsmarkt vor die Wand und lässt Langzeiterwerbslose ins Bergfreie fallen.

Währenddessen genehmigten sich die Landtagsabgeordneten in NRW 549 Euro Plus bei den Diäten und die Bundestagsabgeordneten sogar 635,50 Euro – mehr als der Regelsatz für alleinlebende Bürgergeldbezieher:innen. Allein die Abgeordneten der Linken stimmten im Bundestag dafür, diese Diätenerhöhung 2024 auszusetzen.

Die Linke wird also dringend gebraucht: nicht nur als parlamentarisches Korrektiv, sondern als Kraft, die für konkrete Verbesserungen streitet und eine grundlegende Alternative anbietet:

Wir sind demokratische Sozialist:innen. Unser Gegner ist der Kapitalismus und unser Ziel ist eine Gesellschaft, in der die Früchte der Arbeit denen zugutekommen, die sie erarbeiten.

Wäre Die Linke eine Aktie, so müsste sie unter Börsianer:innen als vollständig unterbewertet gelten. Aktuell befindet sich die größte Repräsentationslücke in der politischen Landschaft genau da, wo Die Linke ist: An der Seite von streikenden Pflegekräften, ausgebeuteten Leiharbeiter:innen, abgezockten Mieter:innen, flaschensammelnden Rentner:innen, Alleinerziehenden, Zugewanderten und Hiergeborenen.  

Nordrhein-Westfalen als Industrieregion ist wieder einem Wandel unterworfen. Wo im Ruhrgebiet noch Stahl gekocht wird, drohen künftig massenhafte betriebliche Umbrüche um den sozial-ökologischen Wandel zu gestalten. Dabei stehen wir fest an der Seite der Arbeiter:innen in den Industriebetrieben, zeigen unsere praktische Solidarität und kämpfen für die Vergesellschaftung der Schlüsselindustrie wie es Artikel 27 der Landesverfassung vorsieht:

(1) Großbetriebe der Grundstoffindustrie und Unternehmen, die wegen ihrer monopolartigen Stellung besondere Bedeutung haben, sollen in Gemeineigentum überführt werden.

(2) Zusammenschlüsse, die ihre wirtschaftliche Macht missbrauchen, sind zu verbieten.

Auf jeden Fall müssen staatliche Hilfen an strauchelnde Unternehmen immer mit Eigentums- und Mitbestimmungsrechten verbunden werden. Bedingungslose Rettung zum Nutzen der Aktionär:innen ohne Garantien für Beschäftigung, Klima und Umwelt ist kein sinnvolles Konzept.

Wir, Die Linke in NRW, stellen uns der Verantwortung, die aus unserer aktuellen Schwäche und der Größe unserer Aufgabe ergibt. Wir beugen uns nicht dem rechten Zeitgeist, um schnelle und flüchtige Zustimmung zu erlangen. Wir wissen: Jedes Zugeständnis an diesen Zeitgeist macht ihn nur stärker.

Wir halten dagegen, wenn Menschen wegen ihrer Herkunft, ihrer Hautfarbe, ihrer Religion, ihres Geschlechtes, ihres Alters, wegen einer Behinderung, ihrer sexuellen Orientierung oder geschlechtlichen Identität benachteiligt, ausgegrenzt, bedrängt, beleidigt und bedroht werden. Menschenrechte sind für uns kein Verschiebebahnhof. Sie gelten überall, für alle gleichermaßen.

Wir verteidigen die universellen Menschenrechte im Sinne der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte und die im Grundgesetz festgeschriebenen Grundrechte. Die Würde des Menschen ist unantastbar.  

Wir sind die soziale Menschenrechtspartei:

Wir kämpfen mit Entschlossenheit auch für soziale Menschenrechte.

  • Das Recht auf gut bezahlte Arbeit zu Bedingungen, die nicht krank machen
  • Das Recht auf angemessenen und bezahlbaren Wohnraum
  • Das Recht auf lebenslange Bildung
  • Das Recht auf gute, gesunde und vollwertige Ernährung
  • Das Recht auf Gesundheitsversorgung unabhängig vom Einkommen
  • Das Recht, in einer gesunden Umwelt zu leben und vor der Klimakatastrophe geschützt zu werden
  • Das Recht auf bezahlbare Mobilität

Wir kämpfen - für jede:n Einzelne:n und für die Mehrheit der Menschen. Und wir kämpfen auch um jede:n. Unsere Leute, das sind alle, die ihre Arbeitskraft verkaufen müssen, um zu leben. Wir unterstützen sie, ihre Menschenrechte zu verwirklichen. Dabei versuchen wir, möglichst viele zu organisieren, um als Klassenpartei unsere Durchsetzungsmöglichkeiten zu erhöhen. Dabei waren wir schon erfolgreich: Mit 11% mehr Mitgliedern im ersten Halbjahr 2024 und anhaltenden Neueintritten auch im zweiten Halbjahr gehen wir gestärkt in das wichtige Jahr 2025.

Für uns in NRW stehen im kommenden Jahr wichtige Wahlentscheidungen an:

Bei der Kommunalwahl geht es um unsere möglichst flächendeckende Verankerung und Präsenz in Räten und Kreistagen.

Die schwarz-grüne Landesregierung und die SPD im Landtag versuchen, uns und andere kleinere Parteien mit einem neuen Kommunalwahlrecht zu schwächen. Sie haben sich extra für NRW einen Berechnungsmodus für kommunale Mandate ausgedacht, der Stimmen für kleine Parteien großzügig in Mandate für die großen umwandeln soll. Das ist undemokratisch und deswegen klagen wir dagegen vor dem Landesverfassungsgericht!

Unabhängig vom Ausgang der Verfassungsklage gehen wir selbstbewusst in die Vorbereitung der Kommunalwahl. Wir wollen Kandidat:innen aufstellen, die unsere politischen Ziele vertreten und die in der Arbeitswelt, in Gewerkschaften, sozialen Bewegungen, Verbänden, Vereinen, in Schüler:innen- und Studierendenvertretungen, in Selbstvertretungen von Menschen mit Behinderungen, Migrant:innen oder Rentner:innen verankert sind. Wir machen unser Angebot zu einer Kandidatur von (noch) parteilosen Menschen auf unseren Listen jetzt offensiv bekannt. Jetzt ist der Zeitpunkt, an dem wir uns gegenseitig kennenlernen müssen, um zu entscheiden, ob wir für fünf Jahre zusammenarbeiten wollen. Kriterien für Kandidierende werden wir ebenso wie die Kommunalpolitische Leitlinien im Frühjahr auf einem Landesparteitag beschließen.

Kandidat:innen für den Bundestag werden wir auf einer Landesvertreter:innenversammlung ebenfalls im Frühjahr wählen. Zudem stellen wir unsere Listen für die Regionalräte, RVR, LVR und LWL auf.

Die Suche nach geeigneten Kandidat:innen beginnt ebenfalls jetzt. Der Landesvorstand wird gemeinsam mit den Kreisverbänden die Kriterien für Kandidierende anhand der Beschlüsse des Bundesparteitags überarbeiten. Wir wollen eine Landesliste zur Bundestagswahl aufstellen, die die politische und regionale Vielfalt unseres Landesverbandes repräsentiert und die zentralen Schwerpunktthemen glaubwürdig verkörpert. Wir suchen nicht nach Medienstars, sondern nach authentischen Menschen mit Lebenserfahrung, bei denen Reden und Handeln übereinstimmt.  Wir gehen diesmal geschlossen in die Wahlkämpfe und stellen Strömungsinteressen hinter die der Partei zurück. Wir stellen eine plurale Liste auf, die die Breite des Landesverbandes repräsentiert denn: Es geht um alles!

Das Jahr 2025 steht damit auch unter dem Motto „Die Linke lernt“. Der Bedarf an politischen und praktischen Bildungsangeboten steigt mit der Zahl der Neumitglieder und der neuen Aktiven. Gemeinsam mit der Bundespartei, den Bildungsträgern und den Bildungsverantwortlichen der Kreisverbände erarbeitet der Landesvorstand daher neue Bildungsangebote, auch niedrigschwellige, für Mitglieder, Vorstände, Wahlkampfleitungen und Kandidierende. Vieles allerdings wird „Learning by Doing“ sein müssen, aus Mangel an Zeit und Ressourcen. Es kommt darauf an, sich dessen bewusst zu sein und Kenntnisse und Erfahrungen langjähriger Mitglieder an die „Neuen“ weiterzugeben und neue Ideen gemeinsam auszuprobieren. Wir nutzen Bildungsangebote der Bundespartei zum Beispiel zum Haustürwahlkampf.

Wir verstetigen unsere Angebote zum inhaltlichen Austausch wie Videokonferenzen zu einzelnen Themen für Mitglieder und Kreisvorstände. Die vom Landesparteitag im Juni 2024 beschlossenen Projekte werden weiter aktiv umgesetzt.

Eine wichtige Rolle bei der Stabilisierung unserer Partei spielt die Landesgeschäftsstelle. Wir entwickeln unsere Landesgeschäftsstelle zu einem Servicezentrum für den ganzen Landesverband fort. Mit dem ausleihbaren Infomobil mit kompletter Aktionsausstattung, mit einem Medienstudio zur Erstellung von Videos und Podcasts, mit einem Tagungsraum mit Videokonferenzmöglichkeiten und mit der Kompetenz, dem Engagement und der Kreativität unserer Mitarbeiter:innen. Wir verbessern unsere Sichtbarkeit in traditionellen und sozialen Medien.

Stand im vergangenen Jahr vor allem die Stabilisierung der Kreisverbände nach der Abspaltung im Mittelpunkt, so können wir uns jetzt um die Reaktivierung von (weitgehend) inaktiven Kreisverbänden kümmern. Die Betreuung dieser Kreisverbände ist aufwändig und neben ehrenamtlicher Landesvorstandsarbeit und ggf. Erwerbs- und/oder Familienarbeit kaum zu leisten. Die Bereitschaft dazu geht aus den Ergebnissen der Arbeitsgruppen des letzten Parteitags hervor. Wir sollten konkret überlegen, was gut funktionierende Kreisverbände in der Nachbarschaft zur Reaktivierung schwacher Kreisverbände beitragen können.

Wir arbeiten immer noch und immer weiter an einer neuen Parteikultur. Die neue Linke hat klare Positionen, vertritt sie aber nicht mit dem berüchtigten erhobenen Zeigefinger. Wir sind offen für neue und alte Mitglieder und Unterstützer:innen und freuen uns über neue Sichtweisen und Ideen, ohne dass wir sie immer eins zu eins übernehmen müssen. Wir können verlieren, ohne beschämt zu werden und gewinnen, ohne nachzutreten. Wir leben Feminismus und Antirassismus, auch wenn wir uns manchmal gegenseitig daran erinnern müssen, was das bedeutet. Wir kümmern uns umeinander und um diejenigen, die wir vertreten. Wir sind aber explizit kein Wohlfahrtsverband, sondern eine kämpferische Partei. Wir haben Lust auf Revolte und Veränderung, im Hier und Jetzt für übermorgen. Das sind wir:

Wir sind Die Linke. Wir sind NRW. Und wir kommen wieder.

Ab sofort steigen wir in den Wahlkampf ein. Im Bund wie in der Kommune streiten wir fortan gemeinsam für soziale Gerechtigkeit und die Verbesserung der Lebensverhältnisse der Menschen in Nordrhein-Westfalen denn für uns heißt es nun: Es geht um alles!