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Beschluss Butter statt Kanonen
Initiativantrag zum Landesparteitag von Die Linke NRW 16./17.11.2024
Deutschland macht sich auf den Weg, zur viertgrößten Militärmacht der Welt aufzusteigen. In der Zeitenwende und dem Streben nach Kriegstüchtigkeit sind sich SPD, Grüne, Union, FDP und AfD im Kern einig.
Beim Streit um die Fortführung der Ampel ging es nicht um das „ob“, sondern nur um die Frage, „wie“ eine weitere Militarisierung der deutschen Außenpolitik erreicht werden kann. Während FDP und CDU hier für harte soziale Einschnitte waren, sagen SPD und Grüne, dass sie es moderater gestalten wollen. Auch BSW und AfD stellen sich nicht gegen Aufrüstung und soziale Einschnitte.
Das BSW redet zwar von Frieden, will aber im Rahmen seiner Koalitionspläne mit der SPD in Brandenburg zugleich den Ausbau von Bundeswehrkasernen fördern.
Rassisten und Faschisten stehen wiederum in der Tradition des deutschen Militarismus.
In dieser Auseinandersetzung muss die Linke eine starke Gegenstimme sein, die den Zusammenhang von Aufrüstung und dem Abbausozialer Infrastruktur benennt. Wir wollen nicht „sozialer“ aufrüsten, sondern sind prinzipielle Gegner*innen nicht nur des deutschen Militarismus.
Im anstehenden Wahlkampf darf Die Linke die anderen Parteien nicht aus der Verantwortung entlassen: Die Aufrüstungsparteien müssen sich rechtfertigen, warum für sozialen Wohnungsbau, Krankenhäuser, Frauenhäuser, Kitas, Schulen, Bahnsanierung und Mobilität angeblich kein Geld da sei, während sie über Nacht Milliardenprogramme für die Rüstungsindustrie beschließen.
Viele Länder- und Kommunalhaushalte sind seit Jahrzehnten strukturell unterfinanziert – in NRW beispielsweise plant die schwarz-grüne Landesregierung Sozialkürzungen in einer Höhe, die es so bisher noch nie gegeben hat. Dies sind zentrale Auseinandersetzungen im Wahlkampf, die den Alltag der Menschen betreffen.
Doch nicht nur wegen sozialer Einschnitte, sondern auch wegen der steigenden Unsicherheit und Kriegsgefahr muss die Linke sich dem eingeschlagenen Kurs in den Weg stellen. Denn die aktuelle Aufrüstung und die Militarisierung aller Lebensbereiche wird nicht unsere Sicherheit erhöhen, sondern die Kriegsbereitschaft steigern. Die geplante Stationierung der US-Mittelstreckenraketen zeigt, dass die Militarisierung zu immer größerer Unsicherheit und wachsender Kriegsgefahr beiträgt. Dies ist laut aller Umfragen sogar einem Großteil der Bevölkerung klar.
Krieg und Krise sind zwei Seiten einer Medaille. Der Kapitalismus führt nicht nur zu ständig wachsender Ungleichheit. Durch die Vermögenskonzentration in den Händen Weniger wächst der „Bedarf“ nach neuen Investitionsmöglichkeiten für weitere Profitraten und steigt der Hunger nach immer weiteren Absatzmärkten.
Dies führt nicht nur zu einer wachsenden Verarmung und einer größeren Ausbeutung breiter Bevölkerungsschichten, sondern auch zu wachsender Kriegsbereitschaft.
All das können wir gegenwärtig in der öffentlichen Debatte beobachten. So driftet die Schere zwischen Arm und Reich auch in Deutschland immer weiter auseinander und die Mittelschichten erodieren.
Während der Großteil der Menschen in den vergangenen Jahren die Auswirkungen der verschiedenen Kriege und Krisen schmerzhaft gespürt hat, haben die Superreichen ihren Wohlstand weiter ausgebaut.
Laut Oxfam haben die fünf reichsten Menschen der Welt – allesamt Männer – ihr Vermögen seit 2020 mehr als verdoppelt. Gleichzeitig wurden fast fünf Milliarden Menschen, die ärmsten 60%, noch ärmer.
In Deutschland ist das Gesamtvermögen der fünf reichsten Milliardäre seit 2020 um rund 75% gestiegen. Gleichzeitig leben laut des Armutsberichts des Paritätischen Wohlfahrtsverbands über 14 Millionen Menschen in Armut. Allein dem reichsten 1%, also etwa 840.000 Einzelpersonen, gehört über ein Drittel aller Vermögen.
Gleichzeitig wächst die Konkurrenz auf den Weltmärkten. Um die Interessen der eigenen Kapitalfraktion bei Bedarf auch militärisch durchsetzen zu können, wird massiv aufgerüstet. Lehren aus zwei Weltkriegen werden bei Seite gewischt.
Die Linke ist gefragt, dem etwas entgegenzusetzen.
Der Fehler aus dem EU-Wahlkampf, unsere friedenspolitischen Forderungen weitgehend auszuklammern oder nur defensiv vorzutragen, darf sich nicht wiederholen. Die Auseinandersetzung zwischen den Industrienationen über die Neuaufteilung der Welt spitzt sich dramatisch zu. In der Ukraine, im Nahen Osten und in anderen Regionen ist der Kampf um geostrategische Einflussgebiete, Rohstoffe und Absatzmärkte bereits in militärische Gewalt umgeschlagen.
Staaten rüsten sich für weitere Kriege. Laut einer Studie des schwedischen Forschungsinstituts SIPRI erreichten die weltweiten Rüstungsausgaben mit 2,4 Billionen US-Dollar im Jahr 2023 einen neuen Rekordwert. Die Rivalität zwischen den Staaten erhöht nicht nur die Gefahr eines großen Krieges in der Zukunft, sondern hat schon jetzt konkrete Auswirkungen auf das Leben der Mehrheit der Bevölkerung.
Es geht also nicht um ‚abstrakte‘ Friedenspolitik, sondern um konkrete Folgen von Militarismus und Krieg.
Weltweite Fluchtbewegungen, der Klimawandel und auch das Erstarken der Rechten und Faschisten haben ihre Ursachen gerade auch in Militarismus und Kriegen. Das muss die Linke bei diesen Wahlen offensiv ansprechen und dagegen mobilisieren.
Zudem gehen Militarismus und die Zunahme an Kriegen immer einher mit steigenden Repressionen nach innen. Wir erleben den Abbau der liberalen Demokratie und eine Verrohung der Debattenkultur, bei einem gleichzeitigen Erstarken des Nationalismus.
Unter der Oberfläche der Zeitenwende und der Herstellung deutscher „Kriegstüchtigkeit“ vollzieht sich eine für die Demokratie gefährliche Entwicklung: Inzwischen werden selbst in den ZDF-Kindernachrichten mörderische Waffensysteme als niedliche Wesen dargestellt, die sich in kindgerechter Sprache über den angeblichen Zauderer Olaf Scholz beschweren, weil noch keine Taurus-Raketen in die Ukraine geliefert wurden.
Kriegsgegnerinnen und Kriegsgegner werden im Rahmen einer sich zunehmend verrohenden Debatte als „Lumpenpazifisten“ und „Putinknechte“ diffamiert. Es ist zu erwarten, dass sich diese Tendenz im Wahlkampf noch verstärken wird: Nachdenkliche Stimmen, die sich für diplomatische Lösungen im Ukraine-Krieg einsetzen und vor einer weiteren Eskalation durch Waffenlieferungen warnen, werden vom Diskurs ausgeschlossen. Aktivistinnen und Aktivisten, die sich für ein Ende des Gaza-Krieges und gegen deutsche Waffenlieferungen nach Israel einsetzen, sollen mit dem Antisemitismusvorwurf mundtot gemacht werden.
Die Parteien der Zeitenwende schaffen ein Klima von Angst und Denunziation, in dessen Folge autoritäre Ideen wachsen und ein autoritärer Umbau des Staates voranschreitet.
In einer solch grundsätzlichen Auseinandersetzung muss Die Linke auch im Wahlkampf ihre Stimme zur Verteidigung von Meinungsfreiheit und demokratischen Errungenschaften erheben.
Die Linke muss herrschende Narrative in Politik und Medien hinterfragen, auseinandernehmen und angreifen. Sie muss in der Lage sein, die verschiedenen Themen miteinander zu Verknüpfen. „Sagen, was ist“ gehört nicht nur zu den wichtigsten Grundprinzipien einer sozialistischen Partei, sondern ist ein wichtiger Baustein zum Aufbau eines eigenständigen Wahlkampfprofils, welches im anstehenden Wahlkampf dringend notwendig ist.