Antrag angenommen: Lastenausgleich zur Bewältigung der Folgen der Corona-Krise:

ba lpt ms

Einschnitte unter der Schuldenbremse verhindern!

Sozial-ökologischen Umbau ermöglichen!

Die Superreichen sollen zahlen!

 

Antragstellerin:    Sozialistische Linke und Ulrike Eifler (KV Duisburg), Adrian Scheffels ( KV Solingen),  Katja Heyn (KV Recklinghausen), Jules El-Khatib (KV Essen), Foti Matentzoglou (KV Recklinghausen), Can Kulakci (KV Mettmann), Joelle  Möltgen (KV Solingen), Igor Gvozden (KV Aachen), Ilja Bergen (KV Bonn), Eduard Hilgert (KV Aachen), Clemens Joost (KV Ennepe-Ruhr),  Sergen Canoglu (KV Köln), Katharina Grudin (KV Aachen), Vanessa Heeß (KV Aaachen),Umut Yilmaz (KV Bonn),  Christian Patz (KV Duisburg), Efstathios Tassikas (KV Essen), Benjamin Szewczyk (KV Siegen), Kai Wallbaum (KV Düren)

Der Landesparteitag möge beschließen:

  1. Der nachfolgende Antragstext bildet die Grundlage für eine Kampagne des Landesverbandes für einen Lastenausgleich.
    • Wird DIE LINKE.NRW die Frage der ungerechten Vermögensverteilung zentral behandeln.
    • Betreibt DIE LINKE.NRW Bündnispolitik mit dem Ziel von gemeinsamen zentralen oder dezentralen Aktionstagen
    • Erstellt DIE LINKE.NRW Flyer und Plakate und für die sozialen Medien Sharepics
    • Sammelt DIE LINKE.NRW online und offline Unterschriften für eine Petition, die das Land NRW dazu auffordert sich für eine Vermögensabgabe stark zu machen
    • Formuliert einen Musterantrag für die kommunalen Gremien, um die Forderung in die kommunalen Parlamente zu tragen. In diesem Antrag soll deutlich gemacht werden, dass die Hälfte der Einnahmen über einen Lastenausgleichsfon an Länder und Kommunen weitergegeben wird.
  1. Der Landesparteitag fordert den Bundesparteitag auf, eine entsprechende Kampagne für die Bundespartei zu beschließen.

Die Kosten der Corona-Krise

Der „Corona-Schutzschild für Deutschland“ ist laut Bundesfinanzministerium das „größte Hilfspaket in der Geschichte der Bundesrepublik. Der Umfang der haushaltswirksamen Maßnahmen beträgt insgesamt 353,3 Milliarden Euro und der Umfang der Garantien insgesamt 819,7 Milliarden Euro. Zur Finanzierung wird der Bund neue Kredite in Höhe von rund 156 Milliarden Euro aufnehmen.“
Weitere Hilfspakete sind in Vorbereitung.

Allein schon 600 Milliarden Euro davon sind explizit für große Unternehmen vorgesehen: 100 Milliarden Euro für Kapitalmaßnahmen, 400 Milliarden Euro für Bürgschaften, 100 Milliarden für die Refinanzierung von KfW-Programmen.
Konzerne wie BMW halten die Hand auf, nachdem sie gerade erst 800 Millionen Euro Dividende allein schon an die Geschwister Quandt/Klatten ausgezahlt haben.
Die Lufthansa erhält 9 Milliarden und kündigt direkt anschließend Massenentlassungen an.

Dagegen gehen Hartz IV-Bezieher*innen, Niedriglohn-Beschäftigte, Soloselbständige und Kleinkünstler beim „Corona-Schutzschild“ weitgehend leer aus.
 

Der Kampf um die Verteilung der Krisen-Kosten hat längst begonnen

Die neoliberalen Spielregeln der Schuldenbremse erfordern wegen dieses „größten Hilfspakets in der Geschichte der Bundesrepublik“ nach dem Überwinden der unmittelbaren Pandemie-Folgen zumindest längerfristig staatliche Ausgabenkürzungen, sofern die Einnahmen nicht erhöht werden.

Die Lobbyverbände der Kapitalseite ebenso wie die ihnen nahestehenden bürgerlichen Medien und Parteien nutzen diese auch im Alltagsbewusstsein der meisten Lohnabhängigen verankerte neoliberale Ideologie von Merkels „schwäbischer Hausfrau“ dazu, um Löhne zu drücken, um Rentensenkungen und eine weitere Erhöhung des Renteneintrittsalters sowie weitere massive Leistungskürzungen im Sozialbereich zu fordern.
 

In die Gegenoffensive kommen!

Mit Blick auf die Erfahrungen nach der Finanzkrise hat der Fraktionsvorsitzende der Linksfraktion, Dietmar Bartsch, schon Ende März erklärt: „Die Fehler der Finanzkrise dürfen sich nicht wiederholen. Seit 2008 gibt es 500.000 Millionäre mehr. Normalbürger bezahlten die Krise mit dem Verfall ihrer Infrastruktur. Wer zahlt jetzt? Das Grundgesetz sieht in Artikel 106 eine einmalige Vermögensabgabe vor. Solidarität aller ist das Gebot der Stunde. Auch derer, denen es sehr gut geht.“

Dementsprechend hat auch der Parteivorstand Ende April die Forderung nach einer Vermögensabgabe in Höhe von 10 % für das reichste eine Prozent der Bevölkerung beschlossen[1].

Mit diesem Beschluss ist es aber offensichtlich nicht gelungen, eine nachhaltig wirksame Gegenoffensive gegen die neoliberale Krisenkosten-Diskussion zu starten.
Die anfängliche mediale Aufmerksamkeit ist schnell verpufft.
 

Es kommt deshalb darauf an, diese Auseinandersetzung auch unsererseits stärker zuzuspitzen, um eine breitere Zustimmung in der Bevölkerung erzielen zu können:
Zuspitzen auf die gesellschaftliche Gruppe, die mit ihrem Vermögen über außerordentliche wirtschaftliche und gesellschaftliche Macht verfügt und mit der sich wohl niemand in der Bevölkerung identifizieren kann.
Und es kommt darauf an, diese Zuspitzung in einer breit angelegten Kampagne in der Öffentlichkeit zu verankern.[2]

Die Stoßrichtung soll dementsprechend auf die Superreichen hin ausgerichtet werden:

50 % ab 50 Millionen Euro bringt mehr als 500 Milliarden Euro!

  • Ein Lastenausgleich aus Vermögen ab 50 Millionen Euro in Höhe von 50 %[3] bringt mehr als 500 Milliarden Euro:
    für die Sicherung von Sozialstaatlichkeit, Bildung, Infrastruktur und sozial-ökologischen Umbau
  • Und eine solche Größenordnung ist notwendig in Zeiten von Corona-Pandemie-Folgen und (natürlich weiterhin zu bekämpfender!) Schuldenbremse.
     

 

Weitere Aspekte:

  • Die Vermögen in Deutschland sind noch weitaus ungleicher verteilt, als es bis vor Kurzem angenommen wurde: Laut einer Veröffentlichung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung vom 15. Juli 2020 besitzt 1 % der Erwachsenen in Deutschland 35 % des Gesamtvermögens. Allein schon die reichsten 0,1 % besitzen 18 % des Vermögens.
    Menschen mit einem Vermögen ab 50 Millionen Euro – und auf diese Gruppe der Superreichen zielt dieser Antrag – zählen zu den reichsten 0,02 %.
  • Mit der Stoßrichtung auf die Superreichen wird für jeden deutlich, dass wir mit einem solchen Lastenausgleich nicht etwa „der Oma ihr klein Häuschen“ und auch nicht den Kleinunternehmer „enteignen“ wollen.
  • Zugleich soll mit dieser Kampagne öffentlich bewusst werden: Es gibt in Deutschland eine Gruppe von Superreichen, bei denen unglaublich viel zu holen ist, ohne dass sie davon arm würden!
  • Obendrein soll deutlich werden: Das hat es in ähnlicher Form in der Geschichte der BRD schon einmal gegeben: 1952 unter Adenauer – also keineswegs unter kommunistischen Vorzeichen. Das ist folglich politisch und rechtlich möglich!
  • Und genau wie damals soll das Geld nicht für das Stopfen von Haushaltslöchern verwendet werden, sondern für einen zukunftsorientierten Lastenausgleich:
    diesmal nicht für die Absicherung individueller Ansprüche (damals vor allem der vertriebenen Grundbesitzer), sondern für die Sicherung von Sozialstaatlichkeit, Bildung, Infrastruktur und sozial-ökologischen Umbau!
  • Natürlich gelten unsere steuerpolitischen Ziele für die Einführung der Millionärssteuer auch weiterhin – der Lastenausgleich bildet nur die Corona-bedingte Ergänzung!
     

 

Anlage:

Aufkommensberechnung eines Lastenausgleichs aus Vermögen ab 50 Millionen Euro in Höhe von 50 %:

  • Zugängliche Statistiken erfassen diese Gruppe nicht.
  • Näherung: Eine Studie der Credit Suisse (auch auf der Seite des Statistischen Bundesamts, was für Seriosität spricht) geht von 7.000 Deutschen aus, die ein Vermögen von 50 Millionen Dollar (ca. 45 Millionen Euro) besitzen. Ein Vermögen in dieser Größenordnung besitzen somit 0,02 Prozent der Bevölkerung.
    Wie groß das Vermögen der reichsten 7.000 Deutschen insgesamt ist und wie es innerhalb der Vermögenden verteilt ist, ließ sich nicht ermitteln.
  • Nach älteren Daten (2015) besitzen die reichsten 40.000 Deutschen etwa 17,5 Prozent des Gesamtvermögens des Landes (9 Bill. Immobilien, 4 Bill. Finanzvermögen, 6,3 Bill. Betriebsvermögen). Das durchschnittliche Vermögen der Gruppe betrug 2015 11 Millionen Euro. Da die Zahlen bereits älter sind, ist ein Vermögenszuwachs von mindestens 10 Prozent realistisch (eher 15 – 20 Prozent). Wir können davon ausgehen, dass das Vermögen der reichsten 40.000 Deutschen aktuell durchschnittlich ca. 12,5 Millionen beträgt.
  • Versuchen wir uns der Vermögensgruppe 50 Millionen (+) gewissermaßen von oben zu nähern, ergibt sich folgende Eingrenzung: Die 150 Milliardäre in Deutschland verfügen für ein Vermögen von 620 Milliarden Euro. Da das Vermögen ab 50 Millionen Euro – nach unserer Planung – abgabepflichtig ist, würden 150 x 50 Millionen nicht der Abgabe unterworfen. Die Vermögensabgabe beträgt demzufolge gut 600/2 (50 Prozent) also gut 300 Milliarden Euro. Wohlgemerkt, hier wurden nur die „reichsten Superreichen“, die Milliardäre berücksichtigt.
  • Quellen zufolge besitzen 1.000 Multimillionäre mit einem Vermögen von 150 Millionen (+) insgesamt 1,2 Billionen. Um Doppelzählungen zu vermeiden (abzüglich Milliardäre) bedeutet dies 1,2 Billionen – 620 Milliarden = ca. 500 Milliarden. Dies ist das Vermögen der Reichen mit einem Vermögen von 150 Millionen bis 1 Milliarde (1000 – 150 = 850 Vermögende). Diese Haushalte hätten ebenfalls 50 Millionen ohne Vermögensabgabe. 150 Millionen – 50 Millionen = 100/2 (50%) = 50 Millionen für diejenigen mit dem geringsten Vermögen in dieser Gruppe. Leider ist eine genaue Zuordnung (d.h. Anzahl aus dieser Gruppe mit wieviel Vermögen) nicht möglich. Gehen wir von dem Mittelwert 550 Millionen aus, dann wären durchschnittlich 250 Millionen fällig (550 – 50/2). Zum o.g. Aufkommen von 300 Milliarden der Milliardäre müssen also noch 250 Millionen x 850 (1000 – 150), d.h. 212,50 Milliarden addiert werden.
    • Aufkommen: 300 + 212,5 = 512,5 Milliarden Euro
  • Das Vermögen der 6000 Vermögenden (7000 – 1000) mit einem Vermögen von 50 – 150 Millionen konnte mangels brauchbarer Daten nicht ermittelt werden. Die Höhe der Vermögensabgabe dieser Gruppe bleibt somit unklar. Das ist aber für unser Konzept unerheblich, da die Vermögenden mit einem Vermögen 150 (+) Millionen bereits 512,50 Milliarden Vermögensabgabe zahlen müssten. Nur die Berücksichtigung dieser Gruppen liegt über unserem Zielwert von 500 Milliarden Aufkommen. Da der Mittelwert von 550 Millionen (Reiche mit 150 – 1000 Millionen Euro) lediglich eine Annahme ist, besteht hier eine Unsicherheit bezüglich der exakten Aufkommenshöhe. Dies ist aber auch kein Problem, weil die Gruppe der Reichen mit einem Vermögen von 50 – 150 Millionen bisher gar nicht berücksichtigt ist (bzw. werden konnte).
  • Insgesamt sollte die „50/50/500 Formel“ (50 Mio. Vermögen/50 Prozent Vermögensabgabe/500 Milliarden Aufkommen) unseres Konzepts also aufgehen.
    • 550 – 600 Milliarden sollten drin sein.

 


[1]https://www.die-linke.de/partei/parteistruktur/parteivorstand/2018-2020/beschluesse/detail/news/die-kosten-der-corona-krise-gerecht-verteilen/

[2] Eine solche Zuspitzung hat 1926 im Volksbegehren zur Fürstenenteignung die Zustimmung von mehr als 30 % der Wahlberechtigten ermöglicht: https://de.wikipedia.org/wiki/F%C3%BCrstenenteignung

[3] Einen Lastenausgleich in Höhe von 50 % hat es in der Geschichte der Bundesrepublik 1952 gegeben: https://de.wikipedia.org/wiki/Lastenausgleichsgesetz