Programm zur Landtagswahl 2017

Für eine Politik, in der die Menschen zählen

VII. Rechtsruck aufhalten und Grundrechte stärken

8. Mehr Demokratie: Wahlrecht erweitern, Bürger*innenentscheide vereinfachen

Für einen Politikwechsel hin zu mehr Gerechtigkeit reicht eine starke LINKE im Parlament nicht aus. Für uns ist klar, dass es eine starke soziale Bewegung und den Druck der Bevölkerung braucht, damit sich die Verhältnisse ändern. Demokratie und Mitbestimmung dürfen sich deshalb nicht in Parlamentswahlen erschöpfen. Wir wollen Menschen ermutigen, selber Entscheidungen zu treffen, Politik vor Ort und politische Initiativen zu entwickeln. Das geschieht bereits in vielen Kommunen. Wir beteiligen uns vor Ort und auf Landesebene in Bündnissen und Initiativen und setzen uns dafür ein, die Hürden der direkten Demokratie deutlich zu senken.

Bereits 2011 haben wir im Landtag erfolgreich dafür gesorgt, dass die kommunalen Bürger*innenbegehren einfacher werden und die Abwahl von (Ober-)Bürgermeister*innen durch die Bevölkerung möglich ist.

Alle Menschen sollen wählen und mitentscheiden dürfen

In den Parlamenten wird viel über Geflüchtete und über Kinder und Jugendliche geredet. Wir finden es nicht richtig, dass über die Köpfe der Menschen hinweg über Belange entschieden wird, die sie selbst unmittelbar betreffen. Weder eingewanderte noch jüngere Menschen dürfen vom Wahlrecht ausgeschlossen werden.

Bei Wahlen wollen wir eine größtmögliche Beteiligung aller hier dauerhaft lebenden Menschen erreichen. Es ist nicht einsichtig, warum in Deutschland Millionen von Menschen vom politischen System ausgeschlossen werden, obwohl sie von allen politischen Entscheidungen betroffen sind. Für uns zählt der allgemeine Grundsatz, der sich aus den Menschenrechten ableitet: Ein Mensch – eine Stimme. Wir wollen das Wahlalter für alle Wahlen auf höchstens 16 Jahre herabsetzen. Früher 21, heute 18 oder 16 Jahre, das sind alles willkürliche Grenzziehungen. Eine sachliche Begründung, warum man mit 16 eine politische Entscheidung treffen kann und nicht mit 15, gibt es nicht. Wir wollen eine gesellschaftspolitische Debatte darüber, wie Kinder und Jugendliche besser an politischen Entscheidungen beteiligt werden können. Sie wollen und sollen mitreden dürfen, wenn es darum geht, ob wir ihnen eine Welt hinterlassen, in der es noch Energie, Wälder oder sauberes Wasser gibt.

Wir haben konkrete Vorschläge für die ersten Schritte hin zu mehr Beteiligung.

  • Was tun?

  • Das Wahlalter für Landtagswahlen auf 16 Jahre senken

  • Bei den Kommunalwahlen den Wähler*innen die Möglichkeit geben, ihre Stimme durch Kumulieren und Panaschieren auf verschiedene Bewerber*innen zu verteilen

  • Kinder und Jugendliche zwingend beteiligen, wenn ihre Interessen bei kommunalen Planungen oder Vorhaben berührt werden (nach dem Vorbild der Gemeindeordnung Schleswig-Holsteins)

Bürger*innenbegehren in den Kommunen leichter machen

Die kommunale Demokratie muss gestärkt und ausgebaut werden. Hierfür müssen die Hürden für Bürger*innenbegehren und Bürger*innenentscheide gesenkt, das Verfahren vereinfacht und die Möglichkeiten, durch Bürger*innenentscheide die Politik in der Kommune bestimmen zu können, erweitert werden.

  • Was tun?

  • Die Frist, in der Bürger*innenbegehren eingereicht werden können, muss gestrichen werden; die Bürger*innen sollen Ratsbeschlüsse genauso lange wieder aufheben können wie der Rat dies kann

  • Die Themenausschlüsse bei Bürger*innenbegehren streichen; die Bürger*innen sollen über alles entscheiden können, über das auch der Rat entscheiden kann

  • Mindestquoren für die Zustimmung bei einem Bürger*innenentscheid werden abgeschafft

  • Die Kostenschätzung für Bürger*innenbegehren muss abgeschafft werden

  • Bürger*innenbegehren und Bürger*innenentscheide müssen von der Verwaltung aktiv unterstützt werden; über die formale Zulässigkeit von Bürger*innenbegehren soll eine rechtsverbindliche Vorprüfung erfolgen

  • Eine unabhängige Beratung der Menschen gewährleisten, die ein Bürger*innenbegehren starten wollen

  • Eine*n Landesbeauftragte*n für direkte Demokratie berufen

  • Die Abstimmung per Brief muss portofrei sein

  • Es müssen genügend Abstimmungslokale zur Verfügung stehen

  • Mehrere Bürger*innenentscheide sollten wenn möglich an einem Tag stattfinden und/oder mit Wahlen zusammengelegt werden, damit mehr Menschen zur Abstimmung gehen

  • Bei wichtigen Themen wie der Privatisierung der öffentlichen Daseinsvorsorge bzw. wesentlichen Veräußerungen öffentlichen Eigentums sollen obligatorische (also verpflichtende) Bürger*innenentscheide stattfinden

  • Einführung und Ausbau von Beteiligungshaushalten durch Einwohner*innenbeteiligung bei Aufstellung, Rechenschaftslegung und Prioritätensetzung der Ausgaben durch Versammlungen und Voten sowie die Nutzung des Internets

  • · Auch unterhalb des Bürger*innenbegehrens müssen durch verpflichtende Einwohner*innenbefragungen die kommunalen Mitwirkungsmöglichkeiten gestärkt werden

  • Nicht nur in den Kommunen, auch im Land muss direkte Demokratie verwirklicht werden

  • Die Unterschriftenhürde für die Volksinitiative soll auf 30 000 Unterschriften gesenkt werden. Eine erfolgreiche Volksinitiative muss automatisch als Zulassungsantrag auf ein Volksbegehren gelten

  • Das Quorum für die Unterschriften für Volksbegehren soll auf zwei Prozent gesenkt werden

  • Haushaltswirksame Volksbegehren müssen zugelassen werden

  • Volksabstimmungen für Verfassungsänderungen sollen verpflichtend eingeführt werden, Bürger*innen müssen bei Verfassungsänderungen die letzte Entscheidung treffen

  • Unterschriften sollen auch online gesammelt werden können

Für einen transparenten Landtag

Interessenskonflikte zwischen Abgeordnetenmandat und Unternehmerinteressen müssen wirksamer vermieden werden. Bisher müssen Abgeordnete ihre Nebeneinkünfte nur grob angeben. Wir wollen eine Veröffentlichung auf Euro und Cent sowie die namentliche Nennung aller Geldgeber. Auch Abgeordnete sollen sich am Solidarsystem beteiligen und für ihre Altersversorgung verpflichtend in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen.

Der Einfluss von Lobbyist*innen auf das Parlament muss sichtbar gemacht werden. Dazu braucht es ein verpflichtendes und sanktionsbewehrtes Lobbyregister.

  • Was tun?

  • Nebeneinkünfte von Abgeordneten vollständig veröffentlichen

  • Die Abgeordnetenversorgung in die gesetzliche Rentenversicherung überführen

  • Den Ausnahmetatbestand für Kirchen-, Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften im NRW-Korruptionsbekämpfungsgesetz streichen

  • Ein verpflichtendes und sanktionsbewehrtes Register für Lobbyist*innen einführen

  • Karenzzeit für Minister*innen: Statt der bestehenden Anzeigepflicht muss die Aufnahme einer Beschäftigung genehmigungspflichtig sein