V.10. Katastrophenschutz stärken – Menschen schützen
In NRW sind in den 25 betroffenen Städten und Kreisen 47 Menschen im Zusammenhang mit der Starkregenkatastrophe zu Tode gekommen. Auch das Starkregenereignis aus 2008 und die drei Dürre-jahre 2018–2020 mit Trinkwasserkonflikten zwischen Bevölkerung, Landwirtschaft und öffentlichen Be-darfen in Ostwestfalen-Lippe zeigen, dass der Klimawandel die Anforderungen an den Katastrophen-schutz deutlich erhöht.
Die Zunahme der Orkane – die bekanntesten Kyrill 2007, Christian und Xaver, beide 2013, sowie Friederike 2018 richteten jeweils Schäden in Milliardenhöhe an und kosteten Menschenleben – erfordert bessere Warnsysteme und mehr Sensibilisierung der Bevölkerung für Katastrophenlagen und Warnungen.
Und auch im Falle von Erdbeben ist NRW nicht gut aufgestellt, wie die Erdbebenrisikoanalyse 2019 des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) zeigt.
Die Zuständigkeit beim Katastrophenschutz liegt nach dem Grundgesetz bei den Ländern und den Kommunen. Die rechtliche Grundlage für die Zuständigkeiten im Katastrophenschutz in NRW stellt das Gesetz über den Brandschutz, die Hilfeleistung und den Katastrophenschutz (BHKG) dar. Nach europäischem Recht muss die Hochwasserrisikomanagement-Richtlinie (HWRM-RL) umgesetzt werden und wurde so in die Landesstrategie vom Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes NRW (MULNV) umgesetzt. Die Aspekte Starkregen und kritische Infrastrukturen werden im Rahmen der HWRM-Pläne bislang aber ausgelassen.
Die Landes- und Bezirksregierungen setzen in NRW vor allem darauf, die Kommunen im Bereich der Analysen zu unterstützen. Das BBK bewertete die Koordination des Katastrophenschutzes sowohl 2010 als auch 2021 aber als verbesserungswürdig – dass die Mängel bekannt waren, aber von unterschiedlichen Landesregierungen in NRW innerhalb von 11 Jahren nicht behoben wurden, ist skandalös.
Die Analyse besonders herausfordernder Starkregenereignisse wird in NRW, abgesehen von einer Arbeitshilfe, den Kommunen überlassen und mit nur 50 Prozent gefördert. Andere Länder unterstützen ihre Kommunen hier stärker und stellen generelle Risikoanalysen bereit. Die Umsetzung sowohl der spezifischen Analysen als auch notwendiger vorbeugender Maßnahmen sowie das Management im Warn- und Katastrophenfall liegen somit vor allem in der Verantwortung der Kreise und Kommunen. Eine gute Starkregenvorsorge und Ausstattung des Katastrophenschutzes ist letztlich von der finanziellen Ausstattung der betroffenen Kreise, kreisfreien Städte und Kommunen abhängig. Dies betrachtet DIE LINKE als Fehlentwicklung, denn ein guter Katastrophenschutz muss für alle Menschen gelten, unabhängig von der jeweiligen kommunalen Haushaltslage.
Bei der letzten Starkregenkatastrophe 2021 in NRW wurde zwar eine Landeslage eingerichtet und eine Koordinierungsgruppe einberufen, dennoch überließ das Land die Verantwortung den Kommunen ohne auch bei erkennbaren Mängeln selbst helfend einzugreifen.
Im Jahre 2019 hat NRW den bisherigen Automatismus für Soforthilfe eingeschränkt. Soforthilfen soll es demnach nur noch in Härtefällen geben, da die Betroffenen nach Ansicht der Landesregierung selbst z. B. mit einer Elementarschadensversicherung oder mit baulichen Maßnahmen hätten vorsorgen können. Damit macht sich die Landesregierung zum Anwalt der Versicherungswirtschaft und lässt die von Naturkatastrophen betroffenen Menschen im Stich. DIE LINKE will die von CDU und FDP durchgesetzten Einschränkungen der Landeshilfen rückgängig machen.
Was tun?
- Warnweiterleitungen an die Bevölkerung verbessern, insbesondere die bislang schlechte Zusammenarbeit mit den Medien
- Sensibilisierung der Bevölkerung für den Umgang mit Warnungen und Katastrophensituationen; bessere Berücksichtigung von vulnerablen Gruppen
- Klare Vermittlung von Handlungsanweisungen sowie ein Training der Bevölkerung für den Umgang mit ihnen. Unklare allgemeine Warnungen reichen nicht aus. Öffentliche Warnsysteme verbessern
- Verzahnung des Hochwasserrisikomanagements mit einem Starkregenmanagement und dem Schutz von kritischen Infrastrukturen
- Umsetzung der Empfehlungen der Erdbebenrisikoanalyse 2019 des BBK
- Schnellerer Wiederaufbau kritischer Infrastruktur: Energie, Informationstechnik, Telekommunikation, Brauchwasser und Trinkwasserversorgung (Bereitstellung von Geräten zur Trinkwasseraufbereitung), Gesundheitsinfrastruktur (Arztpraxen, Rettungsdienst, (mobile) Kliniken etc.), Entsorgung (Müllberge rasch entsorgen, um Folgen für Gesundheit und Umwelt zu mindern)
- Landeshilfen für die Schadenbeseitigung der ohnehin finanziell stark belasteten Krankenhäuser
- Bessere Berücksichtigung von vulnerablen Gruppen und von sozialen Einrichtungen in den Katastrophenplänen, insbesondere von Menschen mit Behinderungen, älteren Menschen und Kindern
- Verbesserung der Koordinierung und Unterstützung der professionellen Hilfskräfte sowie ehrenamtlichen und privaten Helfenden
- Verringerung der Abhängigkeit von Landwirt:innen bei der Menschenrettung, insbesondere im ländlichen Raum
- Krisenbewältigung durch öffentliche Mittel gewährleisten. Ein Verlassen auf private Spenden reicht nicht.
- Ausstattung und Finanzierung eines besseren Katastrophenschutzes durch das Land NRW, insbesondere vor dem Hintergrund der Folgen des Klimawandels und den damit verbundenen Extremwetterereignissen
- Mindestpersonalbedarf und Mindestmaterialausstattung im Katastrophenschutz per Landesgesetz definieren
- Bereitstellung genereller Risikoanalysen für Starkregenereignisse durch das Land NRW für die Kommunen
- Die Koordination mit den Wasser- und Talsperrenverbänden ist zu verbessern.
- Elementarversicherungen für bestehenden Wohnraum in Risikogebieten ermöglichen und Menschen mit niedrigem Einkommen im Erwerb unterstützen