Dringlichkeitsantrag: Keine NATO-Militärintervention gegen Syrien – gegen die türkische Kriegsprovokation

mit großer Mehrheit verabschiedet, DIE LINKE. NRW Landesparteitag in Münster

DIE LINKE ist besorgt über die Eskalation in Syrien und die anhaltende Gefahr eines Krieges. Die internationale Einmischung und einseitigen Parteinahmen der Bundesregierung und ihrer Verbündeten drohen die bestehenden Konflikte zuzuspitzen und zu einem Flächenbrand auszuweiten. Der Aufmarsch türkischer Truppen an der syrischen Grenze nach dem Abschuss eines türkischen Kampfflugzeugs durch die syrische Armee und dem Eingeständnis der türkischen Regierung, dass diese in den syrischen Luftraum eingedrungen war, beschwören eine militärische Intervention der NATO in Vortäuschung eines Aktes der Selbstverteidigung regelrecht herauf. Es ist eine Schande, dass die Bundesregierung diese Provokation deckt und sich hinter den NATO-Partner Türkei stellt.

Vorbild für eine militärische NATO-Intervention in Syrien ist offenbar Libyen. Das Eingreifen der NATO in Libyen diente v.a. dem überwiegend aus Exil-Syrern bestehenden „Syrischen Nationalrat“ schnell als Blaupause für einen vom Ausland gestützten Regime Change auch in Syrien woraufhin sie durch die mit Unterstützung der Türkei, Saudi Arabiens und Katars aufgestellten „Freien Syrischen Armee“ eine militärische Eskalation herbeizuführen suchen.  Fortschrittliche Kräfte in Syrien, die mit friedlichen Mitteln eine demokratische Umwälzung einfordern, werden dadurch geschwächt und an den Rand gedrängt. Die NATO-Staaten und ihre regionalen Verbündeten befördern die Zuspitzung der Lage durch Sanktionen, wiederholte Interventionsandrohungen, immense finanzielle Zuwendungen an die bewaffnete Opposition und die Entsendung von Spezialeinheiten und Ausbildern in die Grenzregionen, während sie für die Eskalation und die daraus hervorgegangenen Opfer einseitig stets nur das Assad-Regime verantwortlich machen und hieraus erneut die Notwendigkeit einer Intervention ableiteten. Mittlerweile steht außer Zweifel, dass Katar und Saudi Arabien mit Unterstützung des türkischen Geheimdienstes High-Tech-Waffen und auch Kämpfer nach Syrien einschleusen und gezielt Falschinformationen verbreiten, um den Konflikt weiter zu eskalieren.
Noch frisch in Erinnerung sind die furchtbaren Ergebnisse der Kriege gegen den Irak und Libyen. Hunderttausende Tote und Verletzte und Millionen Flüchtlinge mahnen: Krieg ist niemals Mittel, um Menschenrechte zu verteidigen. DIE LINKE. NRW fordert:

Die NATO darf sich nicht in Kriegsvorbereitungen einbinden lassen. Die Bundesregierung muss im NATO-Rat deutlich machen, dass der Abschuss des türkischen Kampffliegers keinesfalls die Ausrufung des Verteidigungsfalls nach Art.5 der NATO Charta rechtfertigt. Sie muss sich dafür einsetzen, dass von NATO Mitgliedstaaten keine weiteren Provokationen mehr ausgehen. Sie muss alle Rüstungsexporte und Rüstungskooperationen, u.a. mit Golf-Kooperationsrat und der Türkei, in der Region einstellen. DIE LINKE. NRW verurteilt den Truppenaufmarsch der Regierung Erdogan an der syrischen Grenze.
Während die Regierung Erdogan Gewerkschaftsrechte mit Füßen tritt und im eigenen Land Minderheiten wie Kurden, Aleviten und Armenier unterdrückt und die Opposition mit einer Vielzahl politischer Prozesse einzuschüchtern versucht, versucht sie sich gegenüber Syrien als Retter zu inszenieren. Durch ihre Unterstützungspolitik militanter radikaler sunnitischer Kräfte, trägt die türkische Regierung aber eines hohes Maß Verantwortung an einer Ethnisierung und Konfessionalisierung des Konflikts in Syrien. Sie verfügt über keine moralische Legitimität sich als Wahrer der Menschenrechte in Syrien darzustellen.
Der Kofi-Annan-Plan muss durchgesetzt werden. Die Bundesregierung muss „Nein“ zu einer militärischen Intervention sagen und das gegenüber ihren Verbündeten deutlich vertreten.  DIE LINKE. NRW begrüßt alle Versuche durch diplomatische Verhandlungen, wie jüngst in Genf, den Bürgerkrieg in Syrien zu beenden.
Morde an Zivilistinnen und Zivilisten, Massaker und Menschenrechtsverletzungen müssen international untersucht und aufgeklärt werden. Untersucht werden muss auch, wie Waffen ins Land kommen und wer sie liefert. Die Verantwortlichen müssen öffentlich genannt und vor Gericht gebracht werden. Auch die Rolle bewaffneter Oppositioneller, wie auch ihre Unterstützung durch die türkische Regierung, die mutmaßlich das Massaker von Hula begangen haben, sollte aufgeklärt werden.
DIE LINKE.NRW steht für Verhandlungen und diplomatische Lösungen. Sie wendet sich gegen die wachsende Kriegsgefahr gegen Syrien. DIE LINKE lehnt sowohl die Sanktionsspirale, die die Bevölkerung trifft als auch den Konflikt eskaliert, wie auch einen militärischen Angriff auf Syrien ab. Wir solidarisieren uns mit den fortschrittlichen Kräften, die dort mit friedlichen Mitteln für demokratische Umwälzungen kämpfen. Das Schüren der Konflikte in diesen Ländern von außen durch Kriegsdrohungen und die Unterstützung militanter Gruppen lehnen wir ab.


Dringlichkeitsbegründung: Die Dringlichkeit des Antrags ergibt sich aus dem Abschuss des türkischen Kampffliegers und der nachfolgenden Eskalation der Lage durch die türkische Seite. Dies alles geschah nach Ende der Antragsfristen des Landesparteitags.
Hinweis: Der eingereichte Antrag Movassat, Vogler und Co. ist Grundlage dieses Antrags. Es wurden Änderungen am Antrag vorgenommen in Rücksprache mit den AntragstellerInnen  des anderen Syrien-Antrags Dagdelen, Hantke, Neu. Der andere Syrien-Dringlichkeitsantrag ist zurückgezogen. Dies ist daher nun ein gemeinsamer Syrien-Antrag.

AntragstellerInnen: Niema Movassat (MdB, Oberhausen), Sevim Dagdelen (MdB, Bochum), Inge Höger (MdB Herford), Martin Hantke (Bochum), Alexander Neu (BAG FIP), Ulla Jelpke (MdB, Dortmund)  und weitere (Unterschriftenliste liegt Antragskommission vor)