Karlsruher Richter erklären Hartz IV-Sanktionen nur zum Teil für unzulässig

Die LINKE NRW
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Die Leistungen, die Hartz IV-Bezieher*innen vom Jobcenter erhalten, dürfen ab sofort nicht mehr um einhundert Prozent gemindert werden. Das hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) am heutigen Dienstag entschieden. Zwar dürfen die 53 Jobcenter in NRW generell weiterhin Sanktionen aussprechen, diese dürfen allerdings – und dann nur noch im Einzelfall – 30 Prozent nicht mehr übersteigen. Ein Teilerfolg für den Erwerbslosen- und Sozialhilfeverein Tacheles aus dem Nordrhein-westfälischen Wuppertal, der als vom Verfassungsgericht bestimmter sachverständiger Dritter unmittelbar an dem Verfahren beteiligt war. Denn nach dem Urteil des BVerfG werden die Sanktionen weiterhin dazu führen, dass die Einkünfte von Hartz IV-Bezieher*innen für kurze Zeit unter dem Existenzminimum liegen dürfen. Besonders für Bedarfsgemeinschaften, in denen Kinder und Jugendliche leben, können auch Sanktionen in Höhe von dreißig Prozent gravierende Folgen haben.

Dazu erklärt Sefika Minte, sozialpolitische Sprecherin im Landesvorstand von DIE LINKE. NRW: „Es ist erfreulich, dass das Bundesverfassungsgericht die Sanktionspraxis der Jobcenter, in Teilen für unzulässig erklärt hat. Dennoch bedeutet das Urteil der Karlsruher Richter weiterhin für viele Leistungsempfänger*innen nach dem SGB II ein temporäres Leben unterhalb des Existenzminimums. Zudem können die Sanktionen weiterhin dazu genutzt werden, Menschen in niedrig entlohnte und prekäre Beschäftigungsverhältnisse zu drängen. Zudem widerspricht das Gericht mit dem Urteil gegen seine eigene Rechtsprechung aus dem Jahre 2010, wonach das Existenzminimum unverfügbar sein muss, also nicht unterschritten werden darf."

Der arbeitsmarktpolitische Sprecher des Landesvorstands, Jürgen Aust, kommentiert ergänzend: "Auch wenn das Urteil einen Teil der härtesten Sanktionen kassiert hat, erlaubt es den Jobcentern weiterhin die Fortsetzung ihrer repressiven Praxis. Denn die überwiegende Masse der Sanktionen betrifft die zehnprozentigen Sanktionen, die weiterhin ohne Einschränkung möglich bleiben. Aufgrund eines derzeit erheblich zu geringen Regelsatzes, der weder eine gesunde Ernährung erlaubt noch eine soziale und kulturelle Teilhabe ermöglicht, führt jede Kürzung zur verschärften Verelendung dieser Menschen. Zumal insbesondere die skandalösen Vollsanktionen gegenüber Menschen unter 25 Jahren unangetastet bleiben, da das Gericht über diese nicht zu entscheiden hatte. Der Widerstand gegen das Hartz IV-Regime als ein System der Verarmung und Entrechtung bleibt für unsere Partei, die als einzige seit ihrer Gründung konsequent für die Abschaffung der menschenunwürdigen Hartz IV-Sanktionen eintritt, also weiterhin auf der Tagesordnung."

 

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