Zum Arbeitsmarktbericht NRW Juli 2018: Ein Kurswechsel ist dringend erforderlich

DIE LINKE. NRW

„Mit offiziell registrierten 652.272 Arbeitslosen werden landesweit 245.378 Personen von der NRW-Arbeitsagentur bei der Veröffentlichung der monatlichen Arbeitslosenzahlen schlichtweg unterschlagen, so dass die tatsächliche Arbeitslosigkeit mit 897.650 arbeitslosen Menschen nach wie vor ein dramatisches Ausmaß hat,“ kommentiert der Sprecher für Arbeitsmarktpolitik im Landesvorstand der LINKEN NRW, Jürgen Aust, die aktuellen Arbeitslosenzahlen.

„Diese 245.378 nicht als arbeitslos registrierten Menschen betreffen 45.969 über 58-jährige Arbeitslose ohne Jobangebot in den letzten 12 Monaten, 18.754 kurzfristig Arbeitsunfähige (krankgeschriebene) und 180.655 Teilnehmer*innen an arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen, so dass die tatsächliche Arbeitslosigkeit damit um 37,5 % über den offiziellen Zahlen liegt. Doch nicht nur diese Zahlen werden verschwiegen, sondern auch die eigentlichen Baustellen des NRW-Arbeitsmarktes sucht man vergeblich. So die weiterhin erschreckend hohe Zahl von 1.172.439 Mio. sog. 'erwerbsfähigen Leistungsberichtigten', die vom Hartz IV-System erfasst sind. Mit den 487.524 Kindern und Jugendlichen unter 15 Jahren summiert sich die Zahl auf 1.659.963 Personen, die von der herrschenden neoliberalen Politik schlichtweg abgehängt werden.

Ebensowenig finden die offiziell registrierten 270.040 langzeitarbeitslosen Menschen Erwähnung, obwohl doch die Bundesregierung seit Monaten diese Baustelle zur obersten Priorität erklärt hat, was aber in NRW offensichtlich noch nicht angekommen zu sein scheint. Stattdessen muss man den Eindruck gewinnen, dass die Chefin der NRW-Arbeitsagentur, Christiane Schönefeld, sich eher als Vertreterin der Arbeitgeberverbände versteht, wenn sie anlässlich der Präsentation des aktuellen Arbeitsmarktberichts den angeblichen Fachkräftemangel zum eigentlichen Problem von Arbeitslosigkeit macht. Dass  Fachkräfte in bestimmten Branchen fehlen, darf nicht als hausgemachtes Problem von Wirtschaft und Politik gesehen werden, sondern es liegt nach offizieller Sichtweise überwiegend an mangelndem Qualifizierungswillen oder 'arbeitsmarktfernen' Arbeitslosen. Durch diesen Zynismus kann man dann hervorragend davon ablenken, dass die Arbeitgeberseite seit Jahren erheblich zu wenig in Qualifizierung und Weiterbildung investiert und stattdessen aktuell auf billige ausländische Fachkräfte setzt.

Die eigentliche Ursache der weiterhin hohen Massenarbeitslosigkeit besteht zweifellos darin, dass in der Arbeitsmarktpolitik die Fördermittel seit 2010 drastisch gekürzt worden sind und deshalb immer weniger Arbeitslose an Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung teilnehmen. So befinden sich aktuell gerade einmal 38.994 Arbeitslose in NRW in einer beruflichen Weiterbildungsmaßnahme, was angesichts von 897.650 tatsächlichen Arbeitslosen nicht mehr ist als der bekannte Tropfen auf dem heißen Stein. Ein Kurswechsel in Form eines groß dimensionierten öffentlichen Beschäftigungsprogramms wird sich deshalb nur im Widerstand gegen die herrschende Politik und ihren Parteien durchsetzen.“