Rede von Sascha H. Wagner

Care-Konferenz am 22.9.2018 in Bochum

(Es gilt das gesprochene Wort)

Liebe Genossinnen und Genossen,

liebe Gäste, Referentinnen und Referenten,

liebe Freundinnen und Freunde,

soziale Ungerechtigkeit macht krank. Als Folge eines starken Konkurrenzdrucks nehmen nicht nur psychische Erkrankungen zu. Generell gilt: Wer arm ist, ist häufiger krank und stirbt früher! Die Gesundheitsreformen der letzten Regierungen haben die Ungerechtigkeit im Gesundheitssystem verschärft. Unternehmen wurden entlastet, Versicherte müssen allein für steigende Kosten aufkommen.

Gleichzeitig machen Pharmaindustrie und Krankenhauskonzerne Milliardenprofite mit Versichertengeldern. Gesetzliche Krankenkassen müssen miteinander konkurrieren, dabei müssten der Bedarf und die Versorgung im Mittelpunkt stehen. Leistungen wurden gekürzt, Zuzahlungen und Zusatzbeiträge für die Versicherten eingeführt. Wer heute krank wird, muss oft tief in die Tasche greifen. Allein der Zahnersatz kann zur Existenzfrage werden. In Krankenhäusern gibt es viel zu wenige Pflegekräfte. Seit Jahren werden dringend notwendige Investitionen in den Krankenhäusern zurückgehalten.

Wir wollen ein solidarisches, gerechtes und barrierefreies Gesundheitssystem, in dem die Versorgung der Patientinnen und Patienten im Mittelpunkt steht. Gesundheit darf nicht weiter zu einem Markt verkommen, auf dem die Profite mehr zählen als die Menschen: Statt immer weiter zu privatisieren, muss Gesundheit als Teil des Sozialstaats öffentlich organisiert werden. Die Ökonomisierung des Gesundheitswesens steht nicht nur einer guten Versorgung, sondern auch guten Arbeitsbedingungen der Beschäftigten entgegen. Wir setzen auf eine solidarische Gesundheitsversicherung, in die alle einzahlen. Die Zwei-Klassen-Medizin wollen wir überwinden.

In deutschen Krankenhäusern herrscht Pflegenotstand.

Es fehlen 100 000 Pflegekräfte. Immer weniger Beschäftigte müssen immer mehr Patientinnen und Patienten in kürzerer Zeit versorgen. Die Folgen: fehlende Zuwendung, mangelnde Hygiene bis hin zu mehr Unfällen.

Dreiviertel aller Pflegekräfte geben an, bei den derzeitigen Arbeitsbedingungen nicht bis zur Rente durchhalten zu können. Im Vergleich zu zwölf anderen EU-Staaten ist Deutschland Schlusslicht beim Pflegepersonal. Die Ursache: Krankenhäuser wurden in den letzten 20 Jahren zu Unternehmen umgebaut, viele privatisiert – es geht oft nur noch um Kosteneinsparung und Profit.
Dies verhindert, dass Kliniken ausreichend Personal beschäftigen und gut bezahlen, wie es für eine gute Versorgung notwendig ist.

Deshalb fordert DIE LINKE im Rahmen ihrer Kampagne gegen den Pflegenotstand konkret:

- Eine gesetzliche Personalbemessung, um den Personalnotstand zu bekämpfen und die notwendigen 100 000 Pflegekräfte einzustellen. Wir brauchen verbindliche Vorgaben, wie viele Pflegekräfte für wie viele Patienten und Patientinnen benötigt werden.

- Wir wollen die Überführung der Krankenhäuser zurück in die öffentliche Hand, für eine bedarfsgerechte Finanzierung

- Eine Steuer auf Vermögen ab einer Million Euro, die den Ländern auch zur Finanzierung der Krankenhäuser zu Gute kommt. Geld ist genug da. Fragen wir die 880. 000 Millionäre in Deutschland.

DIE LINKE kämpft mit den Gewerkschaften für bessere Arbeitsbedingungen, weniger Stress und eine gute Gesundheitsversorgung für alle. Denn: Mehr Personal im Krankenhaus ist für alle besser!

In der Alten- und Krankenpflege herrscht massiver Zeitdruck und es gibt viel zu viel Arbeit im Vergleich zu anderen Berufsgruppen.

Das geht aus einer repräsentativen Beschäftigtenbefragung zu den Arbeitsbedingungen in der Alten- und Krankenpflege hervor, die kürzlich von ver.di und dem DGB vorgestellt wurde. 80 Prozent der Krankenpflegerinnen und - pfleger und 69 Prozent der Altenpflegerinnen und -pfleger fühlen sich bei der Arbeit oft gehetzt, in den anderen Berufsgruppen sind es nur 55 Prozent.

49 Prozent in der Krankenpflege und 42 Prozent in der Altenpflege müssen gegenüber nur 22 Prozent in allen Berufsgruppen "häufig Abstriche bei der Qualität" machen, um ihre Arbeit überhaupt zu schaffen. Nur rund ein Fünftel der Beschäftigten in der Pflege kann sich vorstellen, unter diesen Bedingungen bis zur Rente zu arbeiten.

Die Ergebnisse der Gewerkschaftsumfrage sind dramatisch. Es ist kein Wunder, dass immer weniger Menschen bereit sind, diese schlechten Arbeitsbedingungen zu ertragen. Dabei leisten die Beschäftigten in der Altenpflege und in den Krankenhäusern wertvolle und unverzichtbare Arbeit. Es ist völlig unverständlich, warum wir Menschen, die sich um unsere Alten, Kranken oder Kinder kümmern viel schlechter behandeln und bezahlen, als Menschen, die sich um unser Geld  kümmern.

DIE LINKE setzt gemeinsam mit der Gewerkschaft ver.di und den Beschäftigten den Pflegenotstand auf die Tagesordnung, um für bessere Arbeitsbedingungen in der Alten- und Krankenpflege zu kämpfen. Im Mai hat DIE LINKE deshalb ihre Kampagne "Menschen vor Profite - Pflegenotstand stoppen" gestartet und wir werden sie in NRW noch lange weiterführen müssen um den Druck auf Bundes- und Landesregierung zu erhöhen.

Um den lebensbedrohlichen Pflegenotstand zu stoppen, braucht es 100.000 Pflegekräfte mehr in den Krankenhäusern. Außerdem setzt sich DIE LINKE für eine schnelle Einführung einer gesetzlichen Personalbemessung im Krankenhaus ein.

Wir brauchen eine Ausbildungsoffensive in der Pflege. Es gibt gegenüber den frühen neunziger Jahren heute rund zehn Prozent weniger Ausbildungsplätze, das sind tausende Pflegekräfte weniger pro Jahr, obwohl der Bedarf gestiegen ist. Die Krankenhäuser müssen verpflichtet werden, sofort zehn Prozent mehr Ausbildungsplätze anzubieten, das wären 8 000 zusätzliche Pflegekräfte mehr im Jahr. Diese Quote soll in den kommenden 5 Jahren auf 20% erhöht werden.

DIE LINKE fordert ein Sofortprogramm für die Altenpflege. In der Altenpflege fehlen 40 000 Stellen. Die laut Gesundheitsminister Jens Spahns Pflegepersonalstärkungsgesetz geplante Teilfinanzierung für 13.000 zusätzliche Fachkräfte reicht längst nicht aus. Um den erheblichen Rückstand durch schnellen Aufwuchs der Stellen und bessere Bezahlung zu erreichen, sind im Jahr sechs Milliarden Euro notwendig. Eine Anschubfinanzierung kann aus den aktuellen Haushaltsüberschüssen geleistet werden. Auch für die stationäre Altenpflege braucht es sofort vorläufige gesetzliche Regelungen zur Personalbemessung. Der Pflegemindestlohn in der Altenpflege muss auf 14,50 Euro angehoben werden. Und es muss sichergestellt werden, dass die Pflegekräfte tariflich bezahlt werden.

Unsere heutige Care-Konferenz in NRW ist ein kleiner, aber wichtiger Baustein im Kampf für bessere Bedingungen in der Pflege. Hierbei sollten wir jedoch nicht die anderen Sorge-Berufe oder die Angehörigen in der häuslichen Pflege oder die Erzieherinnen und Erzieher außer Acht lassen. Schaffen wir es die Interessen miteinander zu verbinden, netzwerken wir und erhöhen wir den Druck für die gemeinsamen Interessen aller die von menschlicher Zuwendung und Pflege abhängig sind und streiten wir gemeinsam für eine besseres Gesundheits- und Bildungssystem.

Als gesundheitspolitischer Sprecher der LINKEN NRW, danke ich allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern, den vielen Helferinnen und Helfern für die Vorbereitung und Durchführung dieser Konferenz.

Besten Dank!