Paradigmenwechsel hin zur Kriegswirtschaft

MdEP, Özlem Alev Demirel

Özlem Alev Demirel, außen- und friedenspolitische Sprecherin von Die Linke im Europaparlament und stellvertretende Vorsitzende im Ausschuss für Sicherheit und Verteidigung, erklärt zur geplanten Vorstellung einer Investitionsstrategie und eines Investitionsprogramms für den Rüstungsbereich:

 

„Die aktive Industriepolitik der EU besteht schon seit geraumer Zeit darin als verlängerter Arm der Waffenindustrie zu dienen. Diese wird seit Jahren massiv ausgebaut, während eine Industriepolitik, die die Rechte der Beschäftigten und ihre Arbeitsplätze schützt, vergeblich zu suchen ist.“

„Die Kommission macht aus ihrer Ambition der vollen Militarisierung der EU überhaupt keinen Hehl mehr und spricht offen von einer Kriegswirtschaft. Darüber hinaus verstoßen diese Rüstungsprogramme, wie auch alle Vorgänger, gegen den Artikel 41.2 des EU-Vertrages. Aber die eigenen rechtlichen Grundlagen scheinen nicht zu interessieren, wenn die Verunsicherung in der Bevölkerung seit Russlands Überfall auf die Ukraine verwertet werden können, um die EU kriegstüchtig zu machen. Dass aber Aufrüstung und Kriegstüchtigkeit das Gegenteil von Sicherheit sind, ist eine Lehre aus der Europäischen Geschichte.“

Zum Hintergrund:

Die Industriestrategie für den Militärsektor (engl. EDIS) sowie das Militär-Investitionsprogramm (engl. EDIP) sollen die Nachfolger der im Vorjahr beschlossenen Instrumenten zur Ankurbelung der Munitionsproduktion (engl. ASAP) und zum Ankauf von Rüstungsgütern (engl. EDIRPA) sein. Allerdings gehen sie noch einmal deutlich über die bislang zeitlich, funktional und finanziell recht eingeschränkten Programme hinaus. Mit EDIS soll die Rüstungsproduktion auf breiter Front (und nicht mehr nur auf die Munition beschränkt) angekurbelt werden. Es gehe darum, die Fähigkeit zur Massenproduktion von Rüstungsgütern zu entwickeln, heißt es. Bei EDIP soll die Gründung von Verteidigungskonsortien (engl. EDCC) mit mehreren Milliarden gefördert werden, bei denen sich mehrere Mitgliedsländer beim Kauf und gegebenenfalls auch der Nutzung von Rüstungsgütern zusammentun.

Auch wenn EDIS und EDIP finanziell zunächst mit einem relativ überschaubaren Budget ausgestattet sein werden, zeigt der jüngste Vorschlag von Industriekommissar Thierry Breton, das Budget in absehbarer Zeit auf 100 Milliarden Euro anzuheben, wohin die Reise geht. Breton forderte kürzlich ungeniert einen „Paradigmenwechsel hin zur Kriegswirtschaft“.