Gerichtsverfahren statt Ausbürgerung

MdB, Friedrich Straetmanns

Presseberichten zufolge haben sich CDU/CSU und SPD geeinigt: Deutsche mit doppelter Staatsbürgerschaft, die ins Ausland reisen um sich einer terroristischen Vereinigung anzuschließen, sollen ausgebürgert werden.

„Es wird der falsche Eindruck erweckt, es ginge darum jetzt potenzielle IS-Heimkehrer aus Deutschland fernzuhalten: Aufgrund des gesetzlichen Rückwirkungsverbotes würde die Rechtsänderung Taten in der Vergangenheit jedoch nicht betreffen. Damit sind die längst ausgereisten IS - Terroristen und ihre bereits begangenen Taten nicht von der Änderung des Rechts betroffen. Hier suggeriert man der Bevölkerung Handlungsstärke, ohne an die Wurzel des Übels zu gehen.“, kommentiert Friedrich Straetmanns, rechtspolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE im Bundestag.

„Die Ausbürgerung würde also andere treffen. Kurdische Aktivisten zum Beispiel sind ein beliebtes Ziel deutscher Sicherheitsbehörden, mit dem Vorhaben der Bundesregierung hätten sie es mit einem weiteren möglichen Repressionsinstrument zu tun.

Was dschihadistische Gewalttäter angeht, so müssen sie in Deutschland vor Gericht gestellt und bestraft werden. Dies ist keine Belastung der es sich zu entziehen gilt, sondern eine wichtige Aufgabe. Es kann nicht sein, dass ein Rennen zwischen den Staaten einsetzt sich als erste der Gewalttäter zu entledigen, anstatt sie ihrer Bestrafung zuzuführen. Verbrechen gegen die Menschlichkeit müssen geahndet werden, und Deutschland muss seine Verantwortung für die eigenen Staatsbürger, die diese verübt haben, wahrnehmen.

Befürworter der Ausbürgerung von Dschihadisten führen gerne den §28 des Staatsangehörigkeitsgesetzes an, nachdem seine deutsche Staatsangehörigkeit verliert, wer als Doppelstaatler in die Streitkräfte des anderen Staates eintritt. Das ist jedoch irreführend. Der §28 StAG liegt in der Annahme begründet, dass sich der Doppelstaatler mit dem Eintritt in die Streitkräfte des anderen Staates diesem zu-, und Deutschland abwende, seine Loyalität gilt demnach dem anderen Staat statt Deutschland.
Dies ist eine völlig andere Situation, als sich etwa dem IS anzuschließen. Schließlich wendet sich der Doppelstaatler hiermit von beiden Staatsangehörigkeiten ab, und einer terroristische Organisation zu. Dies als Loyalitätsbekundung zu einem der beiden Staaten aufzufassen, wie im §28 vorgesehen, ist absurd. Darüber hinaus ist eine terroristische Organisation kein Staat; es gibt keine Staatsangehörigkeit des IS. Die Ausbürgerung von Dschihadisten lässt sich also in keiner Weise als Fortführung dieses Paragraphen begründen.

Dschihadistische Gewalt muss gerichtlich verfolgt werden. Sich das Problem vom Hals schaffen zu wollen ist keine Lösung: Gewalttäter gehören weder abgeschoben, wie es an anderer Stelle geschieht, noch ausgebürgert, wie die Bundesregierung es nun vorhat, sondern ins Gefängnis. Verbrechen begegnet man nicht mit dem Aufenthalts- oder dem Staatsangehörigkeitsrecht, sondern mit dem Strafrecht.“