RVR-Gesetz verabschiedet - Mehr Gewicht für den RVR und kommunale Kooperationen

Wolfgang Freye

Seit Jahren hat sich DIE LINKE für die weitere Stärkung des Regionalverbandes Ruhr (RVR) und die Direktwahl der Mitglieder der RVR-Verbandsversammlung eingesetzt. Unter dem Einfluss kommunaler Kirchtürme hat vor allem die „Ruhrgebietspartei“ SPD lange gezaudert. Vor zwei Jahren hat die Verbandsversammlung des RVR in einem Eckpapier jedoch entsprechende Forderungen an den Landesgesetzgeber beschlossen. Jetzt ist die Diskussion zu einem unter dem Strich positiven Ende gekommen: Der Gesetzentwurf zur Stärkung des RVR ist am 29.4.2015 im Landtag mit einer breiten Mehrheit verabschiedet worden. Die FDP, Piraten und einzelne CDU-Abgeordnete stimmten mit unterschiedlichen Begründungen dagegen.

Das Gesetz soll vor allem die Möglichkeiten zur Kooperation des RVR und seiner Mitgliedskommunen bis hin zur Übertragung kommunaler Aufgaben auf den RVR stärken, wenn die beteiligten Kommunen das wollen und beschließen. Gleichzeitig ermöglicht das Gesetz dem RVR, die Trägerschaft über regional bedeutsame Projekte zu übernehmen. Bisher war dies nur beim Emscher Landschaftspark und der Route der Industriekultur der Fall. Eine Trägerschaft der ursprünglich regional gedachten Bewerbung zur „Grünen Hauptstadt Europas“ war deshalb an den mangelnden rechtlichen Voraussetzungen gescheitert.

Darüber hinaus gäbe es für ein Engagement des Verbandes in Bereichen wie Klimaschutz, Abfallwirtschaft, Verkehrsentwicklungsplanung und Vernetzung der Europaarbeit keine Hindernisse mehr. Dabei muss natürlich darauf geachtet werden, dass die Kreise gegenüber den Großstädten nicht ins Hintertreffen geraten und die Rechte der kommunalen Selbstverwaltung der kreisangehörigen Städte gewahrt bleiben. Deshalb hat die Fraktion DIE LINKE im RVR in ihrer Stellungnahme zum Gesetzentwurf u.a. auch gefordert, dass die RVR-Mitglieder wie die Städte Essen, Dortmund und Mülheim oder der Kreis Wesel auch bei der Direktwahl nach wie vor entsprechend ihrem Bevölkerungsanteil in der Verbandsversammlung vertreten sind. Das ist durch entsprechende Regelungen nun gewährleistet.

RVR-Stärkung nicht gegen andere Regionen
Was den Einen freut, ist scheinbar des andern Leid. Kaum war der Gesetzesentwurf erschienen, gab es aus den anderen Regionen des Landes lautstarke Kritik. Vor allem aus westfälischer Sicht führt das Gesetz zu einer Ungleichbehandlung der Regionen und einer Bevorzugung des Ruhrgebietes. Zudem äußerten einige Rechtsexperten und Verbände in der Anhörung zum Gesetzesentwurf im Dezember 2014 verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Direktwahl und die ursprünglich vorgesehene Streichung von Austrittsmöglichkeiten der Mitgliedskommunen aus dem Verband.

Insbesondere die Kritik an der Direktwahl der Mitglieder der Verbandsversammlung hat DIE LINKE im RVR nie geteilt. Im Gegenteil! Die Verbandsversammlungen der Regionalverbände Stuttgart und Hannover werden bereits seit vielen Jahren direkt gewählt, obwohl auch sie für Fragen der Regionalplanung zuständig sind. Die Direktwahl richtet sich auch nicht gegen andere Regionen. Zur Demokratisierung fordert DIE LINKE in den „Kommunalpolitischen Leitlinien NRW“ schon lange Direktwahlen auch für die anderen Gremien der „Mittelinstanzen“ (Regionalräte) und die Landschaftsverbände.

Die durch den Kommunalausschuss des Landtages in Auftrag gegebenen Gutachten konnten die Bedenken inzwischen denn auch entkräften. Es gab nur wenige Änderungen am Gesetzentwurf, u.a. sollen Austrittsmöglichkeiten für Mitgliedskommunen und -kreise zumindest als Übergangsregelung erhalten bleiben. Auch der Umfang der Mitspracherechte der Verbandskommunen bei Aufgabenübertragung wird eindeutiger geregelt.

Eins hat der Druck aus anderen Regionen jedoch erreicht: Der RVR soll nicht am Gemeindefinanzausgleich des Landes NRW beteiligt werden, sondern sich weiter ausschließlich durch die Verbandsumlage finanzieren. Hier bleibt der Gesetzentwurf halbherzig, die Stärkung des Ruhrgebietes bleibt stecken. Die beiden Landschaftsverbände Rheinland und Westfalen-Lippe sind an diesem „Topf“ nämlich beteiligt. Eine solche Beteiligung wäre schon deshalb geboten, weil das Ruhrgebiet erst dann bei Finanzierungsfragen den Landschaftsverbänden gleichgestellt würde.

Außerdem hat der Landtag Weichen gestellt für bessere Möglichkeiten zur Kooperation von Kommunen auch in anderen Landesteilen.

Weg für Neuaufstellung des RVR frei
Der Weg ist nun frei für eine Neuaufstellung des Verbandes, die es erleichtern wird, die drastischen Folgen des Strukturwandels zu bewältigen und die Region trotz hochverschuldeter Kommunalhaushalte lebenswerter zu machen. Das Ruhrgebiet ist durch den Niedergang der Kohle- und Stahlkonzerne, die jahrzehntelang das Sagen hatten, zusammengerückt. Es braucht intelligente Lösungen für den Klimaschutz, für die Sicherung und Ansiedlung von sozialversicherungspflichtigen und tariflich gesicherten Arbeitsplätzen ebenso, wie für sozialen Fragen. Die Ruhrgebietsstädte stehen im Bundesvergleich an der Spitze der Städte mit den meisten Langzeitarbeitslosen und der meisten Kinder, die in Armut aufwachsen.

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die neue Zuständigkeit des RVR für die regionale Verkehrsplanung. Hier hinkt das Ruhrgebiet weit hinter anderen Metropolregionen zurück. Der ÖPNV erhält bei Umfragen und Untersuchungen immer wieder schlechte Noten. Ein Zusammengehen der vielen städtischen Verkehrsträger für einen fahrscheinlosen Nahverkehr könnte ein Schritt sein. Mit der Verabschiedung des Gesetzes wäre eine Hürde auf dem Weg dahin genommen und 2020 könnten erstmals Sie entscheiden, wer Sie in der Verbandsversammlung des RVR vertritt.

Wolfgang Freye, Fraktionsvorsitzender DIE LINKE im RVR

Der Beitrag erschien im Linksletter vom 30.04.2015