IX. Kultur, Medien, Netzpolitik und Sport

IX.1. Für eine Kultur von allen und für alle

In einer zunehmend konfliktbelasteten Gesellschaft versucht vor allem der Kulturbereich, Fragen unserer Gegenwart zu diskutieren.

NRW hat eine reiche und vielfältige Kulturlandschaft, die von Menschen unterschiedlichster Herkunft – sowohl geographisch als auch gesellschaftlich – geprägt wird. Andererseits ist die Kulturlandschaft aber auch stark institutionalisiert. Manche Teile unserer Gesellschaft empfinden sich aber nicht als Beteiligte am kulturellen Leben und Miteinander. Diese Ohnmacht ist schlecht für den Zusammenhalt der Gesellschaft. Der klassische Begriff „Hochkultur“ gilt in unserer Gegenwart nur noch als exklusiver Kulturbegriff für eine elitäre Interessengruppe. Stattdessen scheint das lohnabhängige Arbeiten selbst zur Hochkultur erklärt zu werden, indem es eine identitätsstiftende Rolle einnimmt. DIE LINKE steht für ein verbindendes, inklusives Kulturbewusstsein, das die Entwicklung des gemeinschaftlichen Zusammenhalts und gegenseitige Interessenbildung miteinander in Einklang bringt.

In Zeiten der Coronapandemie wurde Kunst und Kultur von den Regierenden als „nicht systemrelevant“ eingestuft, was zur systemischen Verarmung von Kulturschaffenden beigetragen hat. Die geistige und finanzielle Austrocknung darf nicht länger hingenommen werden.

Kultur ist sehr viel mehr als der Besuch von Museen, Theatervorstellungen und Konzerten, aber auch mehr als das Beharren auf konservativen gesellschaftlichen und religiösen Denkmustern, die kritikwürdig scheinen. Kultur ist ein elementarer Bestandteil unserer Existenz, die Künste ein Mittel der Entwicklung von Bewusstsein – sowohl für Akteur:innen als auch für Rezipient:innen. Die Kultur ist die Wiege des Seins.

Wir wollen, dass Kultur kein elitär geprägter Begriff von Kunstveranstaltungen ist, sondern der Moment, an dem jeder Mensch teilhaben und mitwirken kann. Kultur braucht Raum und Zeit für das Miteinander aller gesellschaftlichen Gruppierungen. Das heißt: Wir brauchen Rahmenbedingungen, die allen die Möglichkeit der Teilhabe bieten. Voraussetzung ist, dass Kultur frei ist von ökonomischen Zwängen. Sie braucht staatlichen Schutz und ausreichende finanzielle Mittel, um sich in allen ihren Facetten entfalten zu können.

Kulturelle Bildung ist notwendige Voraussetzung für den Bestand einer Demokratie. Obwohl wir in NRW den größten Verbund an Städten in Deutschland haben, zieht es vor allem die junge Kunstschaffenden zunehmend in größere Städte wie Berlin. Gleichzeitig mangelt es an Etablierung von kleineren Kulturangeboten.

Insbesondere für die Subkultur sind Räume und Spielstätten oft nur als Zwischennutzung verfügbar. Es gibt keine Sicherheit, keine Kontinuität und keine Etablierung. Das Schicksal subkultureller Angebote ist nicht selten von der Laune der Immobilieneigentümer:innen abhängig. Andererseits schmückt sich die lokale Politik gerne mit ausgefallenen Kulturangeboten in Leerständen oder auf alten Industriebrachen, ohne aber nach Ende der Nutzungsüberlassung für Alternativen zu sorgen.

In den kommunalen Haushalten ist die Kultur oft das erste, was dem Rotstift zum Opfer fällt. Hier ist das Land in der Pflicht: Kunst und Kultur dürfen keine „freiwillige Leistung“ der Kommunen sein, sondern sind nach unserem Verständnis Teil der Daseinsvorsorge. Kultur, die im Sinne einer gemeinschaftsstiftenden Kraft wirksam sein soll, braucht Kontinuität.

IX.1.1. Kultureinrichtungen

Der Kulturauftrag des Landes NRW und seiner Kommunen genießt nach Artikel 18 der Landesverfassung NRW Verfassungsrang. Mit der Verabschiedung des neuen Kulturgesetzbuches ist das Land jedoch keine weiteren finanziellen Verpflichtungen eingegangen. Auch wenn der Kulturetat des Landes NRW im Jahr 2020 auf 245 Millionen Euro angestiegen ist, müssen die Kommunen den Unterhalt ihrer Kultureinrichtungen alleine schultern. Sie sind jedoch durch die Folgekosten der Pandemiebekämpfung und einbrechender Gewerbesteuereinnahmen finanziell stark geschwächt. Eine ausgiebige Programmentwicklung oder die Finanzierung notwendiger Umbaumaßnahmen wird so schlimmstenfalls nicht sichergestellt.

Was tun?

  • Institutionelle Grundförderung von kommunalen Kultureinrichtungen, wie Museen, Bibliotheken, Musikschulen, Theatern und soziokulturellen Zentren durch das Land in Form einer Festbetragsfinanzierung
  • Bestandssicherung und Planungssicherheit für Orte der kulturellen Bildung
  • Existenzsicherung von öffentlichen Bibliotheken als Orte lebenslangen Lernens durch ein Bibliotheksgesetz
  • Erweiterter Zugang zu den Bibliotheksangeboten durch die Sonntagsöffnung
  • Konzeptionelle Förderung von soziokulturellen Zentren statt der Projektförderung als Grundlage für eine bessere Planungssicherheit und mehr Nachhaltigkeit
  • Ausweitung der Förderprogramme bis zu 100 Prozent der Raummiete zum Bespielen von Leerständen zur Verhinderung aussterbender Innenstädte durch neuartige Formate der Lokalkultur und der subkulturellen Jugendkultur
  • Gesicherte monetäre Unterstützung für die Volkshochschulen als fest verankerte, verlässliche Infrastruktur von Kulturangeboten und Aufgabenträgerinnen für kulturelle Bildungspolitik

IX.1.2. Kulturelle Bildung

Von der darstellenden Kunst über Musik, Literatur, bildende und performative Kunst, Film- und Medienkunst bis hin zur Soziokultur produzieren alle Kunstformen einen elementaren Beitrag zur gesellschaftlichen Bildung. Kunst und Kultur verbinden Menschen, unabhängig von Alter, Geschlecht, ethnischer oder sozialer Herkunft, und trägt damit wesentlich zum Erhalt sowie der Entwicklung unserer pluralistischen und friedlichen Gesellschaft bei.

Kulturelle Bildung findet nicht nur an Schulen statt, sondern auch in Theatern, Kunst- und Musikschulen, Medienwerkstätten, Bibliotheken oder Museen, Kulturhäusern und soziokulturellen Zentren. Kulturelle Einrichtungen, Initiativen und Vereine sind damit nicht nur Kulturanbieter, sondern auch Lernorte für Demokratie und Dialog, für die Entfaltung von Kreativität und sozialer Kompetenz.

Lernen funktioniert nicht alleine über das Vermitteln von Wissen, sondern über das Erleben einer eigenständigen Erkenntnis. Ausflüge sorgen somit für den notwendigen Ausgleich des sonst an die Schule gebundenen, eintönig anmutenden Alltags.

Was tun?

  • Aufstockung des Personals der kulturellen Einrichtungen für die pädagogische Arbeit
  • Aufnahme der Verpflichtung zum regelmäßigen Besuch von Kultureinrichtungen, Denkmälern und Parkanlagen in die Bildungspläne der Kindertagesstätten und in die Lehrpläne der Schulen
  • Auskömmliche Förderung von altersunabhängigen Gemeinschaftsprojekten im Bereich der bildenden Kunst, Musik und Theater zwischen Schulen und Hochschulen
  • Landeszuschüsse für Förderprogramme des Kulturrucksacks erhöhen, verlässliche und langfristige Verträge mit Künstler:innen ermöglichen

IX.1.3. Kulturelles Erbe, Denkmalschutz

Kultur bedeutet auch Erinnerungskultur. Angesichts der immer stärker grassierenden historischen Amnesie ist es dringend erforderlich, die Geschichte des Nationalsozialismus in Deutschland und die Geschichte des Widerstandes stärker präsent zu machen. Erinnerungskultur heißt nicht nur Stolpersteine zu installieren und Zeitzeugen zu befragen, es heißt auch bereits bestehende Gedenkstätten zu pflegen, zu erhalten und durch die intensive Arbeit vor Ort im Gedächtnis des Umfeldes präsent zu halten. Erinnerungskultur bedeutet auch, den Bogen bis in die Gegenwart zu schlagen – zu den Verfolgten und Verbannten von heute. Zum kulturellen Erbe unseres Bundeslands gehört auch die Kultur der Arbeitsmigration. Darunter nimmt jene der „Gastarbeiter:innen“, ihrer Familien und Nachkommen eine besondere Rolle ein. Sie haben wertvolle und unübersehbare Spuren hinterlassen, die die Identität NRWs bis heute prägen. Als Teil davon werden oft etwa die politischen und musikalischen Aspekte kaum berücksichtigt. Wir bekennen uns zu diesem Bestandteil unserer Landeskultur, bewahren ihn und entwickeln ihn weiter.

In der laufenden Legislaturperiode hat das Land ein neues Denkmalschutzgesetz auf den Weg gebracht, was den Schutz der vorhandenen Denkmäler mindert und ihre Existenz den Interessen von Investor:innen aussetzt. Das gesamte System der Denkmalpflege wird in Frage gestellt und die Zuständigkeit der Landschaftsverbände in diesem Bereich ausgehebelt.

Was tun?

  • Fortschreibung des bestehenden Denkmalschutzgesetzes
  • Förderung des Erhalts und der Pflege des materiellen und immateriellen kulturellen Erbes des Landes
  • Einbezug der Industriekultur und der Provenienzforschung
  • Förderung von Initiativen zum sechzigjährigen Jahrestag der Anwerbeabkommen mit Marokko, Südkorea, Portugal und Tunesien, welche alle in die kommende Legislatur fallen, sowie besondere Unterstützung kultureller Projekte, die sich mit dem Thema „Kultur der Arbeitsmigration“ auseinandersetzen

IX.1.4. Kunst- und Kulturschaffende

Teilhaben an Kultur heißt: selber aktiv werden können, sein eigenes kreatives Potential entdecken und entwickeln können, unabhängig von Bildung, Ausbildung oder Einkommen. Es ist eine der wichtigsten Aufgaben der Kulturpolitik im Land und in den Kommunen, sich gegenüber der Vielfalt kultureller Auffassungen zu öffnen. den kulturellen Austausch zu fördern und Kulturschaffenden auch aus anderen Ländern Entwicklungs- und Auftrittsmöglichkeiten zu geben.

Kultur wird nicht nur von Hauptamtlichen, sondern genauso von vielen ehrenamtlich Engagierten geschaffen. Abgesehen von wenigen Stars und einem geringen Anteil von Kulturschaffenden, die eine tarifliche Festanstellung haben, arbeiten die meisten unter prekären Bedingungen. Viele mit selbstverständlicher Überzeugung, vor allem mit der Nicht-Einnahme von Geld einen Mehrwert für die Gemeinschaft zu schaffen. Obwohl sie über eine gute und professionelle Ausbildung verfügen, sind sie gezwungen in anderen Bereichen zu jobben und müssen Projekt für Projekt um eine angemessene finanzielle Förderung kämpfen.

Was tun?

  • Nachhaltige und auskömmliche Finanzierung von Kunstschaffenden, Kulturschaffenden und Vereinen
  • Förderung kultureller Institutionen und Projektförderung von Atelier- und Ausstellungsräumen, Theatern, Orchestern etc.
  • Einheitlicher, vereinfachter Zugang zu Förderprogrammen ohne finanzielle Eigenbeteiligung und mit Anrechnung der Planungsphase im Projektzeitraum
  • Ausstellungshonorare in der bildenden Kunst
  • Vereinfachter Zugang zur Nutzung von leerstehenden Gebäuden, bei Zwischennutzung auch den langfristigen städtebaulichen Mehrwert durch Implementierung von Bausubstanz beachten
  • Reform der Künstlersozialkasse für leichtere Zugänglichkeit
  • Bei Besetzung von Stellen an Kunsthochschulen und in Fachjurys Frauen quotiert berücksichtigen
  • Schaffung von Proberäumen für Musiker:innen

IX.1.5. Kultur ohne Inklusion kann nicht funktionieren

Die Zusammensetzung unserer Gesellschaft ist in einem starken Wandel begriffen. NRW war und ist ein Einwanderungsland. Gerade in den letzten Jahren sind viele Menschen zu uns gekommen. Geflüchtete und Menschen aus anderen Ländern in der zweiten oder dritten Generation leben hier und sind Wandler:innen und Mittler:innen zwischen verschiedenen Kulturen. Inklusion ohne Kultur kann nicht funktionieren.

Deswegen ist Kultur eine Grundvoraussetzung für ein menschenwürdiges Leben in der Gesellschaft. An Kultur müssen alle teilhaben können, unabhängig von Einkommen, Alter, Geschlecht oder ethnischer Herkunft. Kultur stiftet Identität und ermöglicht Selbstbewusstsein und darf nicht alleine als Zeitvertreib privilegierter Müßiggänger:innen und nicht als Alibi wohlhabender Gesellschaftskreise verstanden werden.

Was tun?

  • Förderung von interkulturellen Projekten sowie von FLINT- und QUEER-affinen Angeboten
  • Dauerhafte Fortführung des Projektes JeKits (Jedem Kind ein Instrument) mit Fortführung bis zum Ende der Sekundarstufe I sowie aller Kulturrucksackprojekte
  • Sozialtarife für Musik-, Kunst- und Volkshochschulen
  • Kostenfreie Ausweise für öffentliche Bibliotheken
  • Preisreduzierte Eintrittsgelder in öffentlich geförderte Veranstaltungen in Theatern, Opernhäusern, bei Konzerten, Lesungen, Ausstellungen
  • Kostenfreier Eintritt in öffentlich geförderte Museen und Museen der Landschaftsverbände
  • Kostenfreie Nutzung des ÖPNV bei Veranstaltungsteilnahme; jede Eintrittskarte in eine kulturelle Einrichtung erhält 2 Freifahrten in NRW.
  • Einrichtung von Beratungsstellen für Kunst- und Kulturschaffende und die, die es werden wollen

IX.1.6. Zur Kultur gehört die Sprache

Der wichtigste Baustein unserer Kommunikation ist die Sprache. In Nordrhein-Westfalen spricht man zwar nachweislich nicht das reinste Hochdeutsch, dafür aber sind die Regionen auch historisch durch eigene Dialekte stets bekannt. Von der einzig trinkbaren Sprache, dem Kölsch, hoch zum Düsseldorfer Platt, hin zum Pott und weiter nach Westfalen wecken Dialekte freudige Assoziationen gelebter Lokalität. Doch in unserer von Anglizismen geprägten Gegenwart scheint es schnell in Vergessenheit zu geraten, diese am Leben zu halten oder dauerhaft zur typischen Mundart zu revitalisieren. Deswegen finden wir es wichtig, die Sprachlichkeit unserer Region als erlebbares Kulturgut zu schützen und sichtbar zu machen.

Was tun?

  • Weniger Bürokratendeutsch: Amtliche Dokumente, Antragsformulare und deren Inhalt müssen so gestaltet sein, das sie jeder versteht.
  • Lokale Dialekte als immaterielles Kulturgut anerkennen und sichtbar machen
  • Schulische Förderung lokaler Dialekte
  • Freier Zugang zu Angeboten von Sprachschulen
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IX.1.7. Kunst im öffentlichen Raum

Kunst ist Geschmackssache, vielleicht nicht immer sofort greifbar und liegt nicht selten im Auge des Betrachtenden. Doch so vielfältig präsentiert sich gerne die Kunst, wenn sie im öffentlichen Raum präsentiert wird. Auch hier finden sich allerlei Facetten, von Skulpturen und Denkmälern, von baukünstlerischer Ausschmückung bis zur Aktionsfläche. Leider werden die einzelnen Bestandteile der Kunst noch lange nicht gleichbehandelt. Der Strukturwandel unserer Region aber muss dabei als eine der größten Chancen zur Änderung der Wahrnehmung des öffentlichen Raums beitragen. Der Klimawandel als folgenreiches Ereignis der Gegenwart macht eine Verkehrswende unabdingbar und bietet die Möglichkeit, den öffentlichen Raum dem Menschen, also dem kulturell geprägten Leben, zurückzugeben. Die notwendigen Umbauten bieten Anlass zum Überdenken gegenwärtiger Wahrnehmung und sollten von daher unbedingt ein Verständnis von Naturnähe und Kunst als Selbstverständnis beinhalten.

Was tun?

  • Landeseinheitliche Regelungen für Straßenkunst, wie Straßenmusik, Graffiti: Urbanen Künsten muss mehr Raum geboten werden.
  • „Legalisierung“ von Graffiti auf Zügen auf Basis von Wettbewerben und z. B. durch Anbringung per Folie
  • Bau von Landesgebäuden auf baukünstlerischen Ausdruck sowie umweltverträgliche und gesellschaftliche Nachhaltigkeit hin gestalten
  • Bei Neubauten auf den „Social Return“ achten und kulturelle Notwendigkeiten ernst nehmen
  • Ausbau des Nahverkehrs als Möglichkeit baukünstlerischer Ausdrucksmöglichkeit verstehen: z. B. künstlerischer Ausbau von Haltestellen, Ausstattung der Wartehäuser mit Kulturinformationen, Veranstaltungskalendern etc.
  • Klimawandel und Verkehrswende als Chance für Neuaufteilung des öffentlichen Raums und für die Bestückung mit künstlerischer, naturnaher Ausgestaltung
  • Landeseinheitliche stadtplanerische Leitlinien für Kunst am Bau und im öffentlichen Raum: Zukünftige Stadtplanung muss für mehr Gemeinschafts- und Erlebnismomente statt automobile Gerechtigkeit sorgen.

IX.1.8. Musik vielfältig verankern

Das Land Nordrhein-Westfalen war seit seiner Gründung Schauplatz vieler musikalischer Innovationen und hat dank seiner künstlerischen Vielfalt wichtige Impulse bis in die weite Welt hinaus gesetzt. Viele musikalische Bestandteile, die früher zu den Nischenprodukten der Subkultur zählten, prägen heute das musikalische Selbstverständnis der Region.

Der Reichtum an musikalischer Variation ist für das Land NRW nicht nur historisch, sondern auch heute noch ein wichtiger Baustein des künstlerischen Ausdrucks, das Club-Leben ein wichtiger Faktor der Nachtkultur, die in vielerlei Hinsicht vernachlässigt wird. Dies sowie vor allem die deutliche Zunahme des Club-Sterbens in den letzten 15 Jahren sind Anzeichen für einen veränderten Zeitgeist und neuere Hörgewohnheiten. Viele musikalische Nischen, fernab der Popmusik, sind aber ein wichtiger Bestandteil des subkulturellen Treibens, des Kennenlernens und Netzwerkens, deren Relevanz für unsere Gegenwart zu wenig sichtbar ist.

Dabei wird trotz einer bisweilen guten musikalischen Förderung der Fokus zu stark auf Popmusik gelegt, die trotz auskömmlicher Förderung die Sichtbarkeit unbekannter Musiker:innen und Bands nicht gewährleistet. Ebenso haben es kleine Bands und Künstler:innen unter den Anforderungen großer Musiklabels häufig schwer, im Musikbusiness Fuß zu fassen. Hier bedarf es einer deutlich verbesserten Breitenförderung, der Unterstützung für Musikclubs und eines leichteren Zugangs z. B. zu öffentlichem Raum, Kultureinrichtungen und Rundfunk. Auch dem Mangel an Proberäumen muss entgegengewirkt werden, indem durch z. B. den Ankauf von Immobilien in Gewerbegebieten Proberäume geschaffen werden.

Was tun?

  • Förderung von kleineren Musikfesten und Festivals
  • Projektbezogene Förderung, z. B. zur Produktion eines Musikalbums
  • Unterstützung für Musikclubs
  • Schaffung neuer Musikclubs auf Basis der o. g. finanziellen Förderung und Nutzung von Leerstand
  • Schaffung von Proberäumen in Gewerbegebieten
  • Aufarbeitung der Musikgeschichte in NRW im neuen „Haus der Geschichte“ in Düsseldorf

IX.1.9. Kultur und Digitalisierung

Durch Digitalisierung können Kunst und Kulturgüter noch mehr Menschen zugänglich gemacht werden. Das Urheberrecht muss es Museen und Archiven erlauben, digitale Reproduktionen von Werken anzufertigen und auszustellen. Auch muss es Archiven erlaubt sein, digitale Werke zu Sicherungs- und Ausstellungszwecken zu vervielfältigen. Bibliotheken muss es erlaubt sein, aktuelle E-Books zu verleihen. Wir wollen, dass das Land Museen und Archive in ihren Bemühungen zur Bewahrung und Präsentation unserer Kulturgüter durch Digitalisierung unterstützt.

Kunst und Kultur sind keine Ware wie jede andere. Digitale Werke, die sich grundsätzlich beliebig vervielfältigen lassen, dürfen nicht aus kommerziellen Erwägungen verknappt werden, sondern sollen möglichst vielen Menschen ungeachtet ihres sozialen Status und ihrer finanziellen Möglichkeiten zugänglich sein. Dazu sollen möglichst viele Werke aus der kapitalistischen Verwertungslogik einer Content-Verwertungsindustrie befreit werden durch Stärkung der Creative Commons, der digitalen Allmende. Kunst- und Kulturschaffende müssen in ihren Rechten gegenüber der Verwertungsindustrie gestärkt werden und zugleich in ihrer Existenz gesichert sein. Fairer Gebrauch digitaler Werke darf nicht kriminalisiert werden. Wir sind für ein Recht auf Remix, auf Schaffung neuer digitaler Kulturgüter und Kunstformen aus vorhandenen Werken. Das Leistungsschutzrecht für Presseverlage lehnen wir ab, es soll wieder entfallen. Unser Land soll Schrittmacher einer Erneuerung des Urheberrechts sein.

Was tun?

  • Museen, Archive und Bibliotheken in der Digitalisierung unterstützen, und noch mehr Werke digital zugänglich machen
  • Creative Commons anerkennen und fördern, öffentlich geförderte Werke unter freien Lizenzen veröffentlichen
  • Kunst- und Kulturschaffende unabhängig von kommerzieller Verwertungslogik und Verwertungsindustrie in ihrer Existenz sichern
  • Initiativen auf Bundesebene zum Recht auf Remix, Fair-Use-Regelung und der Erneuerung des Urheberrechts